Die Ankündigung auf der städtischen Homepage zur Umgestaltung der Hardturmstrasse im Industriequartier tönte durchaus sozialromantisch: «Pflanzkisten, Tisch-Bank-Kombinationen, farbige Bodenmarkierungen, Spielangebote wie eine Boccia-Bahn und Tischtennistische laden auf dem südlichen Trottoir der Hardturmstrasse die Leute zum Verweilen ein. Hundert neue Veloabstellplatze runden das Angebot ab.»

Was nun aber aus dem 1,2 Kilometer langen Abschnitt geworden ist, löst sowohl bei Autofahrern als auch Velobenützern das kollektive Kopfschütteln aus und zeigt den hilflosen Aktivismus des Tiefbauamts in der Verkehrspolitik. Neben verkehrsberuhigenden Massnahmen, die den Velofahrern fast noch mehr zu schaffen machen als den Autolenkern, unterbrechen nicht weniger als sieben Rotlichtanlagen den Verkehr. Dass diese so programmiert sind, dass kein Verkehrsfluss möglich ist, versteht sich von selber. Ausserdem vermischen sich Velotrassees, Autospuren und Gehwege in einer Art und Weise, dass man ohne Kompass praktisch verloren ist.

Sogar der Tages-Anzeiger zeigt sich ob der neuen Verkehrsführung irritiert. Die Zeitung lobt zwar die grundsätzliche Idee, das «schlechte Velonetz zu verbessern». Die Umsetzung kommt aber nicht gut an: «Wenn jetzt Autos auf sogenannten Kernfahrbahnen dazu gezwungen werden, beim Kreuzen auf die Velospur auszuweichen, ist der Ärger zwischen den Verkehrsteilnehmenden programmiert. Im besten Fall. Im schlechtesten Fall gibt’s Unfälle.»

Menschen, die ihre Nerven schonen möchten, sei von einem Besuch der Hardturmstrasse abgeraten. Wer aber mit eigenen Augen sehen will, dass Seldwyla nicht nur in den Novellen von Gottfried Keller vorkommt – sondern auch mitten in der selbsternannten Grossstadt Zürich liegt, der sollte die Zeit für einen Ausflug ins Industriequartier unbedingt nutzen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Das grosse verkehrpolitische Umerziehungs-Programm der Stadt Zürich wird sogar von Velofahrern kritisiert. Die Hardturmstrasse mit sieben Rotlichtern auf 1200 Metern wird zum Symbol eines asphaltierten Irrwitzes"
  • Edals

    Wie gewählt, so erhalten. Nur weiter so, Ihr Stadtzürcher. Aber bitte bleibt auch schön in dieser oder einer anderen menschenfeindlichen Stadt und zieht nie aufs Land.

  • Bobby42

    Wie sarkastisch und sadistisch muss eine solche Verkehrsplanungsabteilung sein? Könnte man es auch blöd und dumm bezeichnen?

  • ulswiss

    Kann es sein, dass das Geld für diese Massnahmen sogar ganz oder teilweise aus dem Bundesfonds der Autobahngelder bezahlt werden ?