Die Bildungsqualität in Deutschland lässt zunehmend zu wünschen übrig, stellt Friedhelm Horn, erfahrener Lehrer und ehemaliger Bundestagskandidat der Grünen, in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung Die Welt fest. Obwohl immer mehr Schüler mit guten Noten abschlössen, würden die Leistungen immer schlechter, so sein Fazit. Die Zahl der Abiturienten erreiche in städtischen Gebieten mittlerweile über 50 Prozent. Doch diese Entwicklung sei nicht das Ergebnis einer verbesserten Schulbildung, sondern vielmehr Ausdruck gesunkener Leistungsanforderungen.

Horn führt aus, dass sich seit den 1970er Jahren die Ansprüche im deutschen Bildungssystem stetig verringert hätten, ein Prozess, an dem sowohl Politik als auch Wirtschaft beteiligt gewesen seien. Besonders kritisch sieht er die «Kulturrevolution» an den Gymnasien, die ursprünglich nur einem kleineren Anteil der Schüler vorbehalten waren. In vielen ländlichen Regionen besuchen heute bis zu 50 Prozent eines Jahrgangs das Gymnasium, was zu einer Verwässerung der akademischen Standards geführt habe.

Nach Horns Ansicht liegen die Probleme jedoch nicht nur bei den Gymnasien. Auch die Grundschulen, die als entscheidend für den späteren schulischen Erfolg gelten, seien oft personell und finanziell unterausgestattet. Um die Abwärtsspirale zu durchbrechen, fordert Horn unter anderem verpflichtende Sprachkurse für Kinder bereits im Vorschulalter sowie eine stärkere Förderung der Grundschulen. Darüber hinaus kritisiert er das Zentralabitur und die Tendenz, schlechte Leistungen zu schönen, um Konflikte mit Eltern zu vermeiden.

Nur durch höhere Ansprüche und eine konsequentere Bewertung könne die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Bildungssystems wieder gesteigert werden, schreibt Horn. «Schüler wollen gefordert werden, sie haben Lust auf Leistung», meint er. Er fordert, dass das Bildungssystem diesem Wunsch gerecht werden müsse, um langfristig den Wohlstand Deutschlands zu sichern.