Norbert Röttgen, einstmals Umweltminister, der den Ausstieg aus der Atomenergie umsetzte, plädiert als CDU-Aussenpolitiker dafür, ein striktes Energie-Embargo gegen Russland einzuführen: «Denn wenn Putin gewinnt, wird das der Wirtschaft weit mehr schaden.»

Diese Begründung hält er für «ganz rational».

Tatsächlich ist sie das Gegenteil. Denn ein totales Embargo bedeutet nicht einfach, dass die Deutschen anderthalb Grad weniger Raumtemperatur ertragen. Vielmehr geht es um die Versorgung der Unternehmen mit Energie. Stoppt sie auf unabsehbare Zeit, liegt die Produktion brach. Die Kurzarbeiterzahl schnellt hoch. Aufträge übernehmen ausländische Wettbewerber. Die Industrie hierzulande fällt zurück in die Steinzeit.
Ein Energie-Embargo schadet uns mehr als dem Gegner. Russland kommt allein klar, wir aber nicht.

Ein totales Embargo wirkt deswegen wie eine Waffe, die dem Feind eine Schramme zufügt, deren Rückschlag aber dem, der sie benutzt, den Arm abreisst.

Und noch etwas lässt an der Rationalität des Aussenpolitikers Röttgen zweifeln: Nach diesem Krieg braucht die Welt kein schwaches Russland, das von einer Krise in die nächste taumelt, sondern ein möglichst prosperierendes, auf jeden Fall eines, das seine Menschen nicht zu Flüchtlingen macht. Jede neue Sanktion entfernt uns weiter von diesem Ziel.

Tatsächlich demonstriert Röttgen nicht reine Vernunft, sondern bloss richtige Gesinnung. So wie damals bei der Atomkraft, wo sich der Ausstieg inzwischen rächt.
Röttgen gelingt es nicht, Lösungen vom Ende her zu denken. Als Führungskraft ist so einer nicht zu gebrauchen.