Als Anfang Monat die Uno-Vollversammlung eine Resolution gegen den russischen Einmarsch in die Ukraine zur Abstimmung brachte, war das Verdikt klar: 141 Nationen stimmten für die diplomatische Abstrafung Putins – und nur 5 dagegen. 35 Mitglieder enthielten sich der Stimme.

Schaut man sich das Ergebnis genauer an, ist es viel weniger eindeutig, als es aus europäischer Sicht gerne wahrgenommen wird: Unter anderem enthielten sich mit Indien und China die beiden mit grossem Abstand bevölkerungsreichsten Länder der Erde der Stimme. Auch in Afrika weigert sich die Mehrheit der Staaten, sich offen gegen Putin zu stellen.

Historische Beziehungen zur ehemaligen Sowjetunion dürften für die Position vieler afrikanischer Länder verantwortlich sein. Von 1960 bis zum Ende des Kalten Kriegs hatte die Sowjetunion die Befreiungsbewegungen in Algerien, Angola, dem Kongo, Äthiopien, Guinea, Marokko, Südafrika und anderen Staaten sowohl finanziell als auch mit Ausbildungen und Waffen unterstützt.

Auch pragmatische Gedanken spielen eine Rolle. Russland war nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion lange Zeit auf dem afrikanischen Kontinent kaum präsent, baut aber seit 2014 das wirtschaftliche und militärische Engagement sukzessive aus. Nach Angaben des Stockholm International Peace Research Institute stammte 2020 fast die Hälfte der Waffenimporte in Afrika aus Russland.

Ausserdem sehen afrikanische Regierungen Russland und China als wichtige Verbündete im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Die westliche Optik auf Putin und Russland wird längst nicht von allen Menschen geteilt.