Das oberste Gremium der Schweizer Reformierten bezahlt 50.000 Franken an eine der Öffentlichkeit unbekannte Frau. Sie hat den früheren Kirchenpräsidenten Gottfried Locher beschuldigt, sie in ihrer «sexuellen, psychischen und spirituellen Integrität» verletzt zu haben. Die frühere Kirchenangestellte hatte eigentlich 144.000 Franken verlangt.

Dieser Entscheid fügt sich nahtlos an die Reihe früherer Skandale, die sich die Reformierte Kirche Schweiz geleistet hat, um ihren Präsidenten loszuwerden. Die neuste Zahlung bedeutet nämlich eine Schuldanerkennung mit dem Nebeneffekt, Gottfried Locher einmal mehr zu diffamieren. Wäre die neue Kirchenleitung wirklich von seiner Schuld überzeugt, hätte sie eine Strafanzeige einreichen und ein Strafverfahren eröffnen müssen.

Doch die obersten Gremien der hiesigen Protestanten wussten ganz genau, dass die Vorwürfe von sexuellen Übergriffen vor keinem Gericht Bestand gehabt hätten. Um sich des Problems ein für alle Mal zu entledigen, kauft man sich jetzt für 50.000 Franken von der Anklägerin und von unliebsamen Schlagzeilen frei. Exakt diese missbräuchliche Art von kirchlichem Freikauf hat zu Beginn des 16. Jahrhunderts zu den evangelischen Abspaltungen vom römischen Papsttum geführt.

Bezahlen müssen diesen miesen Ablasshandel wir Mitglieder der rasch zusammenschmelzenden evangelisch-reformierten Glaubensgemeinschaft. Offenbar hat unsere Kirche noch immer Geld im Überfluss. Das liegt allerdings weniger an den privaten Steuerzahlern, sondern vielmehr an den vielen Firmen als juristische Zwangs-Steuerzahler. Und am Staat, der die Kirchen noch immer mit unzähligen «Leistungsaufträgen» alimentiert. Wobei er die tatsächlich erbrachten Leistungen dann meistens recht unkritisch überprüft.