In einem Interview mit dem Tages-Anzeiger zeigt Alexandra Karle, die Chefin von Amnesty International Schweiz, wie wenig sie von der Geschichte Israels versteht.

Der israelische Staat sei gegründet worden, sagt sie, «weil sechs Millionen Juden in Europa ermordet wurden». Sie sei «als Deutsche mit dieser Geschichte aufgewachsen».

Nur: Diese Geschichte ist falsch.

Grundfalsch.

Der Staat Israel wäre auch ohne den Holocaust und den Mord an sechs Millionen Juden gegründet worden.

Denn bereits Jahrzehnte vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs legten im damaligen Palästina, das nach dem Ersten Weltkrieg von den Briten verwaltet und kontrolliert wurde, jüdische Einwanderer die Grundlagen für den künftigen Staat.

In den 1920er Jahren entstand zum Beispiel die paramilitärische Haganah, mit der sich die Juden vor arabischen Angriffen schützten und die ab 1948 zur israelischen Armee mutierte.

1941 wurde eine weitere Truppe gegründet, da eine deutsche Invasion in Palästina befürchtet wurde.

Lange vor der Staatsgründung (und vor dem Holocaust) entstanden demokratische Strukturen, Krankenkassen und Spitäler, eine Gewerkschaft, zudem neue Städte wie Tel Aviv und die Kibbuzim mit ihrer Landwirtschaft.

Nur in einem Punkt hat die Chefin von Amnesty International Schweiz recht: Der Holocaust hat die Einwanderung von Juden, die die Konzentrationslager überlebt hatten, beschleunigt.

Und damit die Dringlichkeit eines Staates für Juden, die damals heimatlos geworden waren, krass bewiesen.