Ich habe Friedrich Merz viel zugetraut: Ende des Linkskurses in der CDU, gesellschaftspolitisch konservativere Politik, Rückgrat.
Das war ein Irrtum. Es war ein Fehler, auch nur eine einzige Zeile pro Merz zu schreiben.
Dass die CDU sich gebärdet, als gelte es dem Russen zu zeigen, was eine Harke ist? Geschenkt!
Die Deutschen entdecken ihren inneren Unteroffizier. Da bietet es sich an, den SPD-Kanzler mit bellizistischer Überbietungs-Rhetorik vor sich her zu treiben. Das hat sogar Unterhaltungswert.
Merz’ neues Herz für die Frauenquote entbehrt den. Das war eine 180-Grad-Wende, und damit grüsst in der CDU die Identitäts-Politik: Es kommt nicht darauf an, was du kannst. Es kommt darauf an, was du bist. Quote knüpft Macht an unveränderbare Eigenschaften, zunächst an Geschlecht, dann an Hautfarbe und Herkunft.
Das ist illiberal und sehr dumm.
Was den CDU-Chef angeht, ist sein Flirt mit der Quote Opportunismus. Quoten-Skeptiker setzen sich dem Verdacht aus, das Böse zu sein: alte weisse Männer. Das hat Merz erfahren müssen, und das will er nun offenkundig abräumen.
Ist Opportunismus klug? Die CDU hat schliesslich sechzehn Jahre lang mit einer Opportunistin an der Spitze regiert. Angela Merkel hat es ohne Quote nach oben geschafft. Die Verheerungen in der Einwanderungs-, Energie- und Sicherheitspolitik hat eine Frau an der Spitze ganz ohne Quote zustande gebracht.
Im Grunde handelt Friedrich Merz heute nicht anders als Merkel gestern. Wer Hoffnungen auf eine bürgerliche Wende der CDU an die Person Merz geknüpft hatte, der hat mit Zitronen gehandelt.
So wie ich.
Alexander Will ist Autor bei der Nordwest-Zeitung in Oldenburg. Er ist Mitglied der Chefredaktion.
Merz wird als tragische Figur in die Geschichte eingehen.
Wer Merz nicht längst durchschaut hat, der durchschaut ihn vielleicht jetzt. Mir war immer unverständlich warum Figuren wie Merz und Lindner als Hoffnungsträger galten. Und dasselbe ist es in der Schweiz - Mitte und FDP unbrauchbar. Und das reicht leider bis weit in die SVP hinein - schon jetzt ist absehbar, dass sich die Glattesten nicht nur als Bundesrat empfehlen, sondern auch (von den anderen Parteien) gewählt werden. Immerhin hält das die ohnehin grossteils inkompetente Regierung schwach
Merz hat den konservativen, Anti-Merkel-CDUler gespielt, weil die Rolle des progressiven, Pro-Merkel-CDUlers schon von seinem Konkurrenten Laschet besetzt war. Jetzt zeigt es sich, dass Merz auch nur einer der zahlreichen Macht-Opportunisten ist, welche die heutige Politik-Szene beherrschen.