Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat plötzlich ein Thema wieder besonderen Zulauf: Kriegsverbrechen. Russische Kriegsverbrechen. Über 400 Tote in Butscha, Biden wirft Russland Völkermord vor, und der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag erklärt die gesamte Ukraine zum Tatort.

Gute Kriegsverbrechen, böse Kriegsverbrechen, gibt es das? Ja, denn es herrscht Krieg, und da wird gerne mit zweierlei Mass gemessen. Während es gerade für westliche Journalisten ein Leichtes ist, für Reportagen über russische Kriegsverbrechen Lob und Anerkennung zu bekommen, schmort der Wikileaks-Gründer und Enthüllungsjournalist Julian Assange immer noch im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Einzelhaft und wartet auf seine Auslieferung in die USA.

Sein Gesundheitszustand ist miserabel, der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, sprach von psychologischer Folter. In den USA droht Assange ein Schauprozess, eine Strafe von 175 Jahren Gefängnis und damit ein Todesurteil auf Raten.

Assanges Vergehen: Er hat über die falschen Kriegsverbrechen berichtet. Über die Kriegsverbrechen «der Guten» in Afghanistan und im Irak. Wikileaks war die erste Plattform, die über «Collateral Murder» im Irak berichtete, einen Hubschrauber-Angriff der US-Armee auf Zivilisten und Reporter. Schon vergessen?

Assanges Ziel war es, durch radikale Transparenz Kriege zu erschweren. Nach dem Motto: Wenn Kriege mit Lügen beginnen, können Sie durch die Wahrheit beendet werden.

Der freie Westen hat aus der Pressefreiheit ein Privileg gemacht, obrigkeitsstaatlich vergeben an die, die auf der richtigen Seite stehen.

Aber es ist eben Krieg, und da heisst es: tarnen, täuschen, heucheln und sich möglichst tugendhaft dabei vorkommen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Gute Kriegsverbrechen, böse Kriegsverbrechen: Völkermord und Kriegsverbrechen haben Hochkonjunktur in den Medien. Derweil sitzt Julian Assange in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis, weil er amerikanische Kriegsverbrechen enthüllte"
  • Alpenfurz

    Danke für diesen Artikel. Er entlarvt die Heuchelei der Mainstreampresse mit leichter Eleganz.

  • raedi butz

    Das Wort "Pressefreiheit" ist für mich das Unwort des Jahrzehnts. Dort, wo sie uns vorgegaukelt wird, ist sie engstens mit den Politik verbunden und man kann die Medien-Magnaten durchaus als Oligarschen bezeichnen. Dort, wo Pressefreiheit gelebt wird, wird sie durch die Internet-Oligarchen mittels Zensur, Reichweiten-Beschränkung und eine staatsabhängige Justiz behindert. Oder gleich - wie Daphne Caruana Galizia - in Mafia-Manier beseitigt.

  • hamlet

    Sie leben hier in der Illusion, dass Gesetze für alle gemacht sind. Fakt ist: Gesetze werden von wenigen für wenige und gegen alle anderen gemacht. Das war schon immer so.