Bei ihren Ermittlungen gegen den usbekischen Milliardär Alischer Usmanow lässt die deutsche Justiz nicht locker. In dieser Woche wurden deutsche Niederlassungen der Schweizer Grossbank UBS durchsucht. Usmanow werden Geldwäsche, Verstösse gegen das Aussenwirtschaftsgesetz und Steuerhinterziehung vorgeworfen.

Im Kern geht es darum, ob der Beschuldigte in Deutschland überhaupt steuerpflichtig war – eine unter einschlägigen Juristen alltägliche Streitfrage. Man darf annehmen, dass die Staatsanwaltschaft ebenso wie Usmanows Juristen vor Gericht ihre Version der Wahrheit präsentieren. Dafür werden Richter bezahlt.

Für die deutschen Medien, allen voran das Wochenmagazin Der Spiegel, wo über ein Dutzend Investigatoren dem Usbeken auf der Spur ist, geht es um etwas ganz anderes. In ihren Augen ist Usmanow ein Initiator und Finanzier des russischen Angriffskriegs in der Ukraine.

Wie andere Superreiche soll er mit seinem Eigentum für ein angebliches Nähe-Verhältnis zu Putin und zum Kreml büssen. So sieht es auch die EU-Kommission, deren Webseite die Bedeutung betont, die Vermögenswerte solcher Personen «rasch zu finden und zu identifizieren».

Was nichts anderes bedeutet als: Es geht nicht um die Verfolgung von Straftaten. Es geht um die Beschlagnahmung des Eigentums von Menschen, die aufgrund von Vermutungen, Unterstellungen oder Verdächtigungen auf irgendwelchen Listen landen. Sanktionslisten.

Der nächste Schritt lässt nicht auf sich warten. Ende Oktober machte der Ministerpräsident des EU-Mitglieds Polen, Mateusz Morawiecki, unmissverständlich klar, dass es einen grossen Geldtopf gebe, der für den ukrainischen Wiederaufbau bereitstehe: die eingefrorenen Vermögen russischer Oligarchen. Auf nennenswerten Widerspruch in der deutschen Öffentlichkeit stiess seine Forderung nicht.

Es gibt auch ein passendes Präjudiz für die kollektive materielle Haftung einer offiziell missliebigen Gruppe. Nach dem Attentat auf einen deutschen Diplomaten in Paris im November 1938 verfügte die «Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit» (RGBl. I S. 1579) die Kontribution von einer Milliarde Reichsmark als «Sühneleistung» für «die feindliche Haltung des Judentums gegenüber dem deutschen Volk».

Die 3 Top-Kommentare zu "Hetzjagd, basierend auf Vermutungen: Medien und Justiz verfolgen den usbekischen Milliardär Usmanow. Er soll für seine angebliche Nähe zu Putin büssen"
  • Der Kühne

    Aber eigentlich, ist es nur Diebstahl und unsere westlichen „Politiker“ sind dann eben billige Diebe. Der Westen, was immer das auch sein mag, hat fertig und muss stehlen - wie armselig!

  • Peter Hasler

    Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, wie staatliche Willkür funktioniert. Man braucht bloss einen 'Grund' zu erfinden, schon schlägt die Ideologie zu. Und jetzt stellt euch mal vor, wir hätten nur noch s.g. digitales Geld. Das wäre eine Einladung an Willkür und Enteignung, und das bei JEDEM Bürger. Der Staat braucht Geld, also schaut er, wer z.B. Alkohol gekauft hat. Dann heisst's: zu deinem eigenen Schutz wird DIR nun DEIN Geld eingezogen. Sie wollen ja nur DEIN Bestes - und das ist DEIN Geld.

  • Edmo

    Dass die auf Russenhass gebürsteten Medien mit Leib und Seele dabei sind, wundert mich nicht. Aber dass die Justiz an einem Punkt angekommen ist, wo sie meint, vermutete 'Nähe zu Putin' wäre ein Offizialdelikt, ist erschütternd. Wozu studieren diese Leute die Juristerei, wenn sie nach vielen teuren Jahren des Studiums nicht mal die simpelsten Grundlagen von Rechtsstaatlichkeit kennen? Die moralistische Verluderung des Rechtsstaates ist mehr als bedenklich.