Das Kollegialitätsprinzip ist ein ständiger Stresstest für unsere Bundesräte. Einerseits erwartet die Öffentlichkeit, dass sie als graue Mäuse brav ihre Alltagsarbeit verrichten und möglichst für keine Schlagzeilen sorgen.

Anderseits will man etwas von ihnen hören, sie als Politiker spüren und ihre persönliche Handschrift erkennen.

Unter dem Druck, sich als zupackender «Macher» profilieren zu müssen, hat Aussenminister Ignazio Cassis den Entschluss gefasst, den heimkehrenden Botschafter Christian Winter und die übrigen Sudan-Flüchtenden in einer Art Staatsakt zu empfangen. Nämlich auf dem Flughafen Bern-Belp. Selbstverständlich mit dem üblichen Presserummel inklusive Medienkonferenz.

Als wäre er eben der Hölle von Verdun entronnen, erzählte Botschafter Winter den atemlos lauschenden Journalisten: «Wir standen mit unserem Auto mitten im Gefecht.» Nach dem gefechtsgestählten Diplomaten rief Bundesrat Cassis die Bürgerkriegsparteien im Sudan zum sofortigen Waffenstillstand auf. Was möglicherweise nicht allzu viel nützt.

Heutzutage wird flüchtendes Botschaftspersonal mit grossem Bahnhof empfangen. Bei allem Verständnis für die Evakuierung von Schweizern aus Kriegs- und Konfliktgebieten: Eine Heldentat ist das nicht. Und auch kein Grund für eine Profilierungsübung des Aussenministers.

Insbesondere dann, wenn man bedenkt, dass die Schweizer Botschaft in Berlin im grössten Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs ausgeharrt hat. Als die Rote Armee Angehörige der Botschaft vorfand, wurden diese zunächst im Keller eingesperrt und nach Moskau verschleppt. Erst Monate nach dem Kriegsende vom Mai 1945 durften sie zurückkehren. Kein Bundesrat hat sie empfangen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Ignazio Cassis empfängt den Sudan-Flüchtling Christian Winter mit grossem Bahnhof. Die Profilierungsübung ist peinlich"
  • Eliza Chr.

    Was glaubt eigentlich Mini-Napoleon, wer er ist? Wieso muss er einen Sudan-Flüchtling empfangen? Ein verdeckter Sudan-König? Cassis ist es masslos in den Kopf gestiegen: Ein Kollege könnte seine Sucht therapieren! Hauptsache, er wird fotografiert oder gefilmt. Für mehr ist er eh nicht zu gebrauchen. Wie wäre es, einmal für die Schweiz und die Schweizer zu arbeiten? Winter ist weder beschossen worden noch hat er etwas Besonderes geleistet.Manch anderer Schweizer macht einiges mehr durch.

  • siddhartha

    „ Bundesrat Cassis ruft die Bürgerkriegsparteien im Sudan zum sofortigen Waffenstillstand auf!“ Genau das erwarte ich von Cassis schon lange im Ukraine- Krieg!!!🔥 Diese Doppelzüngigkeit ist kaum mehr zu ertragen!⚡️ Waffenstillstand, vermittelnde Gespräche mit dem Ziel „Frieden“ ist immer der einzige und der richtige Weg, auch wenn er steinig ist! 🙏🕊🙏

  • HJM

    Mit diesem Cassis haben wir den allergrössten Fehler in unserer CH Identität gemacht. Ich schäme mich für mein Land die Schweiz 🇨🇭