Das deutliche Resultat kam für viele überraschend: 62 Prozent der Chilenen sagen Nein zu einer neuen Verfassung.

Praktisch alle Auguren hatten einen knappen Entscheid prognostiziert.

In Auracanía, den Stammlanden der Mapuche, war die Rückweisung mit 74 Prozent sogar besonders hoch. Dabei wären die Indianer im neuen «plurinationalen» Chile reich beschenkt worden.

Das Verfassungsprojekt versprach ein Schlaraffenland der Wokeness: staatliche Rundumversorgung von der Wiege bis zur Bahre, rigide Gender-Quoten, Ökologie über alles, Privilegien für alle erdenklichen Minderheiten.

Und das alles zum Nulltarif.

Der Kontrast zur aktuellen Verfassung, die noch unter Diktator Pinochet erschaffen worden war, hätte kaum grösser sein können.

Doch die Mehrheit hat erkannt, dass die Rechnung nicht aufgehen konnte.

Dabei hatte die linke Regierung unter Gabriel Boric nichts unversucht gelassen, um «ihre» Verfassung durchzuboxen. Sogar die 16-jährigen wurden an die Urnen gerufen.

Chile liegt in weiter Ferne am Pazifik. Doch der Crash der woken Welt an der real existierenden Welt ist exemplarisch.

Der mediale Mainstream lag nicht nur in den Prognosen völlig daneben. Er hatte es verpasst, die Risiken und Nebenwirkungen des trendig-urbanen Verfassungsentwurfes kritisch zu durchleuchten.

Der Verfassungsentwurf war ein Produkt der Erpressung. Es begann 2019 mit verheerenden und andauernden Strassenschlachten. Anlass war eine Erhöhung der Tarife für die Metro in Santiago.

Doch das war kein echter Volksaufstand, wie allenthalben kolportiert. Sondern ein generalstabsmässig organisierter Feldzug linker Gewerkschaften und NGOs.

Die meisten Chilenen pfeifen auf die Politik. Sie hatten mutmasslich einfach den Strassenterror satt, als sie vor einem Jahr der Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung zustimmten. Und wollten ihre Ruhe.

Was die Mehrheit wirklich will, manifestiert sich in einer Demokratie nicht auf der Strasse. Sondern an den Abstimmungsurnen.

Und was wir daraus lernen: Man sollte die veröffentlichte Meinung nie mit der öffentlichen Meinung verwechseln.

Die grössten Verlierer sind einmal mehr die etablierten Medien.

Die 3 Top-Kommentare zu "In Chile ist die erste Woke-Verfassung der Welt an den Urnen grossartig gescheitert. Warum das auch für die Schweiz eine Lehre sein sollte"
  • himanu

    Wo und wer ist diese Instanz, die unsere Kinder zwingt, ihre Abschlussarbeiten zu gendern? Wen wundert es, dass sie grammatikalisch völlig überfordert sind und kein Deutsch mehr können? Das ist Indoktrination, Manipulation, Bevormundung, Belehrung, Umerziehung, die wir nicht wollen.

  • traugi68

    Herr Baur, ich freue mich, dass Sie zur Weltwoche zurückgekehrt sind und uns aus dem fernen Südamerika berichten mit Ihrer unbestechlichen Art.

  • mfa

    Der mediale Mainstream hat sich schon lange von der Basis und damit der Wirklichkeit abgekoppelt. Meinungsvielfalt gibt es in den einschlägig bekannten Zeitungshäusern und dem zwangsfinanzierten SRF schon lange nicht mehr. Ich habe mich vor vielen Jahren von diesen einfältigen und einseitigen Medien verabschiedet.