Sie verdienen schlappe 1400 Franken im Monat, haben kein Zimmer für sich allein, und wenn die jungen Kerle nach 2 Uhr morgens in die Kaserne zurückkehren, müssen sie zur Strafe Putzarbeiten verrichten. Dazu brauchen sie eine Mindestgrösse von 1,74 Meter, müssen beim Eintritt zwischen 19 und 30 Jahre alt, ledig und praktizierende Katholiken sein. Ausserdem haben alle Bewerber eine Berufsschule abgeschlossen oder die Matura bestanden und absolvierten die Rekrutenschule.

Kein Wunder, ist es heute nicht mehr leicht, Personal für die Schweizergarde im Vatikan zu finden. Die Aktivitäten für die Nachwuchswerbung wurden in den letzten Jahren massiv erhöht. Das päpstliche Militärcorps platziert Werbespots in den sozialen Medien Facebook, Youtube und Instagram, hält Vorträge in den Rekrutenschulen oder an Berufsmessen, ist mit Auftritten präsent und bietet mittlerweile gar Schnupperreisen nach Rom an.

Trotz der Schwierigkeiten: Bisher konnte die Leibwache des Oberhaupts der römisch-katholischen Kirche die notwendigen Rekruten immer rekrutieren. Am 6. Mai war es wieder so weit. In einer feierlichen Zeremonie schworen 36 Gardisten dem Pontifex maximus, «wenn es erheischt sein sollte, selbst mein Leben hinzugeben».

Wer sind diese Männer, die sich in der heutigen Zeit noch dafür entscheiden, sich für diese Sache zu engagieren? Einer von ihnen ist Lukas Philipp Wicki. Der 20-Jährige kommt aus Escholzmatt im luzernischen Entlebuch. Beim Treffen im Quartier der Gardisten trifft die Weltwoche auf einen aufgestellten, intelligenten Mann, der sich präzise ausdrückt und sich viele Gedanken gemacht hat, bevor er beschlossen hat, den Job in der Ewigen Stadt anzunehmen.

Wicki hat eine Ausbildung zum Elektroinstallateur absolviert. Nach der Zeit beim Militär als Sicherungssoldat überlegte er sich, wie es mit seiner beruflichen Karriere weitergehen soll. «Ich kam zum Schluss, dass die Garde eine gute Lebenserfahrung ist.» Natürlich habe es auch Leute gegeben, die die Nase gerümpft hätten wegen seines Entscheides. «Aber die lasse ich einfach reden», sagt er im Gespräch im Innenhof der Kaserne vor der eigenen Kapelle, die ausschliesslich für die Leibwächter reserviert ist.

Tatsächlich bietet der Job heute einiges. Wer nach den obligaten 26 Monaten noch ein Jahr anhängt, kann das Diplom eines Fachmannes für Sicherheit und Bewachung mit Eidgenössischem Fachausweis erwerben. Auch die Ausbildung wurde professionalisiert. Die heutigen Männer des Papstes durchlaufen eine Ausbildung im Tessin, die von der dortigen Polizei organisiert wird. Das führt dazu, dass Gardisten längst nicht eine Staffage in historischen Uniformen im Vatikan sind, die den Touristen gerne als Fotosujet dienen. Sie können den Heiligen Vater im Ernstfall verteidigen.

Ob Wicki seine Laufbahn nach den zwei Jahren im kleinsten Staat der Welt fortsetzen will, lässt er offen. Der geerdete Mann, der spürbar mit beiden Beinen im Leben steht, will sich nicht festlegen. «Ich bin jung und lasse das auf mich zukommen. Den Entscheid, ob ich verlängere oder nicht, fälle ich später.» Nach acht Monaten im Vatikan hat der ruhige Innerschweizer einen Ort gefunden, wo er am liebsten seinen Dienst verrichtet: im Apostolischen Palast. Wicki faszinieren die Bilder und die grossartige Kunst in diesem Gebäude.

Was allen Gardisten Mühe bereitet, ist der marode Zustand der Kaserne. Immer wieder kursieren Geschichten von Klimaanlagen, die ausfallen, von Duschen mit Schimmelbefall ist die Rede. Das Wohngebäude soll deshalb für rund 50 Millionen Franken total saniert werden. Trotz dieser unbestrittenen Notwendigkeit gibt es Kritik an der Finanzierung. Für den Neubau sollen die Schweizer aufkommen, der Vatikan will sich nicht daran beteiligen. Traditionellerweise stellt Wickis Heimatkanton Luzern immer viele Mitglieder der Leibgarde. Im Moment stellt sie mit neunzehn Personen das grösste Kontingent – auch Kommandant Christoph Graf ist Luzerner. Doch ausgerechnet dort ist ein Streit über einen Unterstützungsbeitrag von 400.000 Franken ausgebrochen. Gegner ergriffen das Referendum gegen den Beschluss des Kantonsparlaments. Der Vatikan habe genug Geld für diesen Bau, es brauche keine Steuergelder aus der Schweiz. Am 25. September entscheiden die Stimmbürger, ob die Mittel gesprochen werden oder nicht.

Hellebardier Wicki macht keinen Hehl daraus, dass es ihn persönlich enttäuschen und traurig stimmen würde, wenn sein Heimatkanton sich nicht daran beteiligen würde, dass die Schweizer Aushängeschilder im Ausland künftig in modernen Verhältnissen hausen können. Doch alles deutet darauf hin, dass die Schweizergarde ihr neues Heim im Jahre 2028 auf jeden Fall beziehen kann. Die Sammlung der Gelder sei auf gutem Weg, sagt Jean-Pierre Roth, Präsident der Stiftung, die sich um die neue Kaserne kümmert. Die Abstimmung seiner compatriots wird am beschlossenen Neubau also nichts mehr ändern. Die Frage, die sich stellt, ist, ob Lukas Wicki dann noch im Vatikan tätig ist.

Die 3 Top-Kommentare zu "Kleiner Verdienst, harte Strafen, strenge Bewerbungskriterien: Warum entscheiden sich immer noch junge Menschen dafür, der Schweizergarde im Vaktikan beizutreten?"
  • eric

    Im Hofnarrenkostüm den Papa schützen... die richtige Arbeit für die Schweizer.... Zu guter letzt zahlen wir auch noch die Unterkunft. Der Papa brütet seinen Reichtum im Goldkeller aus und wir Steuerzahler bezahlen für unsere entwürdigten Kasperlis im Strampelkostüm auch noch.

  • ursulina

    Warum kann der Milliarden besitzende Vatikan den für ein Trinkgeld ihr eigenes Leben riskierenden jungen Menschen nicht selbst eine würdige Unterkunft zur Verfügung stellen? Warum müssen unter anderem auch unsere Steuergelder nach Rom geschickt werden, die mitunter von anderen Religionsangehörigen oder aus der Kirche ausgetretenen Personen stammen?

  • im hintergrund

    Als Frau kann ich sehr gut nachvollziehen was junge Männer dazu bewegt der Schweizer Garde beizutreten. Es sind nicht nur Geld, Ehre und Erfolg, die einen heranwachsenden Menschen reich machen. Es sind viel mehr Tugenden, wie Bescheidenheit, Demut und Verlässlichkeit, die Schweizer Gardisten zu grossen Persönlichkeiten machen. Wer dienen und verzichten kann, wird problemlos durchs Leben kommen. Wer den Fokus einzig auf das Monetäre richtet wird früher oder später tief fallen. Garantiert.