Jetzt ist eingetreten, was sich niemand gewünscht hat: Russland marschiert in der Ukraine ein und sichert sich gewaltsam eine Pufferzone gegen die nach Osten ausgedehnte Nato. Jetzt rächt sich, was der legendäre US-Diplomat George F. Kennan in den neunziger Jahren als «tragischen Fehler» des Westens bezeichnet hat: das zu forsche und russische Sicherheitsinteressen weitgehend ignorierende Vordringen des amerikanischen Militärbündnisses in einstmals russische Einflussgebiete.

Das Hegemoniestreben der USA («Pax Americana») unter irgendwelchen Titeln ist offensichtlich, ebenso die Expansion der EU nach Osten unter US-Schirm. Statt auf Selbstbeschränkung setzte der Westen (USA/Nato/EU) auf Machterweiterung. Das allerdings rechtfertigt nicht das Verhalten des russischen Präsidenten Putin. Die Russen stehen nicht nur in der Ukraine. Weissrussland haben sie faktisch bereits besetzt. Der Bär ist von der Kette. Wer kann ihn noch stoppen?

Der Westen inklusive der Schweiz wird jetzt für seine Naivität brutal bestraft. Der ständige Abbau der Armeen in der EU und bei uns hat das zur glaubwürdigen Abschreckung, das für den Frieden notwendige militärische Gleichgewicht vernichtet. Linke Armeeabschaffer hatten in den Medien Oberwasser. Kritiker der verantwortungslosen Abrüstung wurden verhöhnt. Parlamentarische Mehrheiten gingen den rot-grünen Träumern auf den Leim.

Für die Schweiz ergeben sich zwei Konsequenzen. Erstens: Wir brauchen wieder eine starke Armee mit einer schlagkräftigen Luftwaffe. Grundsatzkritik an der Kampfjetbeschaffung entlarvt sich als politische Esoterik. Die von links betriebene Verzwergung der Streitkräfte ist zu stoppen. Zweitens: Die Uno-Sicherheitsrat-Beitritt-Enthusiasten sind ein Sicherheitsrisiko für unser Land. Auf keinen Fall darf die Schweiz ihre seit Jahrhunderten bewährte Neutralität dem Ehrgeiz einiger Politiker opfern.

Die immerwährende bewaffnete Neutralität bleibt die entscheidende Sicherheitsdoktrin der Schweiz. Wir müssen uns aus fremden Händeln und Konflikten heraushalten. Jede Parteinahme durch die Regierung oder die Verwaltung ist verboten. Auch am Wirtschaftskrieg der Sanktionen dürfen wir uns nicht beteiligen. Putin nützt die Schwächen des Westens eiskalt aus. Solange der Westen schwach bleibt, kann Putin machen, was er will.

Die 3 Top-Kommentare zu "Die Realpolitik knallt zurück. Die Schweiz muss ihr Militär stärken, die linken Armeeabschaffer lagen falsch, und der Beitritt zum Uno-Sicherheitsrat ist das grösste Sicherheitsrisiko für unser Land"
  • Patrouilleur Suisse

    Ich bin nicht so sicher, dass die Armeeabschaffer die Lektion verstehen.

  • Benedikt Ramseier

    Ich fand RK’s Ansichten betreffend Putin erfrischend, auch ich habe ihn als “Stabilokraten” eingeschätzt. Aber es ist auch möglich, dass er innenpolitische Probleme hat und davon ablenken möchte. Gefährlich wird’s, wenn er den Kopf verliert und sich entschliesst, eine Politik der verbrannten Erde zu hinterlassen. Obama lag total falsch mit einer Marginalisierung Russlands. Es wird immer deutlicher, dass die Abwahl Trumps ein kapitaler Fehler war. Die Situation ist eine Ohrfeige für die Linken.

  • Joerg Sulimma

    Danke für diese realistische Einschätzung der jetzigen Lage! Ich wünschte, wir könnten in Deutschland auch eine bewaffnete Neutralität durchsetzen. Allen Kritikern der "Weltwoche" sei gesagt, es ist wohlfeil, jetzt mit dem Finger auf die anderen zu zeigen. Wer von uns allen konnte mit Sicherheit voraussagen, was passieren würde? Der Westen hatte es in der Hand, er hat es verspielt. Es kommt jetzt darauf an, genau abzuwägen und Rußland endlich ernst zu nehmen. Die Realpolitik hält wieder Einzug!