Die Zermatter Organisatoren zeigten visionären Geist und richteten mit der ganz grossen Kelle an.

Am kommenden Wochenende sollte das erste Speed-Opening der Ski-Geschichte auf der neu erstellten Abfahrt am Fusse des Matterhorns stattfinden – mit Start im Wallis und Ziel in Cervinia (Italien), das erste grenzüberschreitende Rennen überhaupt.

Das Budget von 6,6 Millionen Franken ist gedeckt, die Sponsoren (die grössten sind neben Hugo Boss auch Sunrise, Ochsner Sport und BKW) an Bord, die Einnahmen sind versichert. Rechnete man die Sacheinlagen der beiden Bergbahnen ein, würde das Budget über sieben Millionen Franken betragen.

Die Wintersportindustrie rieb sich zufrieden die Hände. Mit spektakulären TV-Bildern könnte der Winter auch kommerziell schon im Herbst so richtig lanciert werden.

Doch nun macht das Wetter (bzw. das Klima) den Veranstaltern um OK-Präsident Franz Julen einen dicken Strich durch die Rechnung: Weil auf dem untersten Streckenteil statt Schnee nur Geröll liegt und die Sicherheit der Fahrer auch im oberen Bereich nicht gewährleistet ist, sind die Männer-Rennen vom kommenden Wochenende abgesagt. Ob die Frauen eine Woche später an gleicher Stelle zur Tat schreiten, bleibt offen.

Die Sportwelt weint um eine grosse Idee und eine historische Premiere. Betrachtet man die Geschichte aber im grösseren Kontext, ist die Absage auch im Sinne der Glaubwürdigkeit des Skisports wohl das Beste. Wie kann man die Bevölkerung im Tagesrhythmus vor der drohenden Strommangellage warnen und zum Ressourcen-Sparen aufrufen, um dann gleichzeitig bei spätsommerlichen Temperaturen Kunstschnee en masse zu produzieren und Skirennen zu veranstalten?

Dass gleichzeitig der Riesenslalom der Frauen in Sölden dem schlechten Wetter zum Opfer fiel, ist ein weiterer Wink des Schicksals.

Und die Weisheit der Geschichte? Der nächste Winter kommt bestimmt. Aber die Natur lässt sich auch von findigen Marketingexperten und Standort-Promotoren nicht überlisten.