Zeigt der russische Aussenminister Nerven?

Oder was hat ihn bewogen, das Treffen der G-20 im indonesischen Bali unmittelbar nach seiner Rede zu verlassen?

Zwei Gespräche mit den Aussenministern Chinas und der Türkei waren die ganze Bilanz.

Obendrein wirkte Lawrows Abreise wie die Flucht vor der nächsten Rednerin, seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock.

Vom weltweit dienstältesten Aussenminister sollte man erwarten, dass er die Leviten der jungen Deutschen an sich abperlen lässt.

Zumal die G-20 kein Heimspiel der Russland-Gegner sind: Zusammen mit Südkorea und Japan stellt der Westen gerade einmal zehn der zwanzig Mitglieder. Wenn deren Vertreter aus Protest den Saal verlassen, ist immer noch fast die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentiert.

Schliesslich zählt es zu den wenigen internationalen Erfolgen der Russen seit dem 24. Februar, dass die Sanktionspolitik sich auf die Staaten des globalen Westens beschränkt.

Russlands einzige geopolitische Chance ist, den weltweiten Unmut angesichts des unglückseligen Ukraine-Krieges gegen den Westen zu lenken: Der liefert die Waffen, der ermuntert die Ukraine zum Durchhalten.

Die USA werden ähnlich argumentieren, nur mit konträrer Zielrichtung: Russland hält das lebensnotwendige Getreide zurück, Russland treibt die Inflation.

Dabei hat gerade die nicht westliche Hälfte der G-20 ein Interesse, das Schlachten auf dem Verhandlungsweg zu beenden: Der Hunger trifft die Ärmsten der Armen, und die Waffenlieferungen verlängern einen Krieg, den keine der beiden Seiten gewinnen wird.

Fürchtet Lawrow das Gewicht dieser Argumente, war das der Grund seiner Abreise?

Moskau, Washington und Kiew scheinen entschlossen, bis in den Herbst weiterzukämpfen. Dann liegen fast fünfzig Millionen Tonnen Weizen in den ukrainischen Silos, die Truppen bluten aus, und in Westeuropa beginnt das grosse Frieren.

Erst wenn der Leidensdruck aufs Äusserste steigt, wird dieser Knäuel entwirrt.

Die 3 Top-Kommentare zu "Russlands Aussenminister verlässt G-20-Gipfel vorzeitig: Lawrow hätte vor Amtskollegin Baerbock nicht flüchten dürfen. Ohne Verhandlungen verhungert die Dritte Welt"
  • hermannd

    Lieber Herr Fassbinder, glauben Sie allen Ernstes, dass sich der gestandene Diplomat Lawrow von Frau B. die Leviten lesen lassen würde? Diese Dame ist trotz nachgewiesener Inkometenz Außenminister geworden und macht damit ihr gesamtes Land -außer im woken Westen- weltweit lächerlich. Wenn man nur noch einen Hauch von Selbstachtung hat, MUSS man den Saal verlassen, um sich ihre ideologiegetriggerten Ergüsse zu ersparen.

  • Real Andi Meiners

    Ein sinnvolles Gespräch zwischen Sergej Lavrov Annalena Baerbock, sehe ich persönlich und wahrscheinlich auch die russische Regierung als vollkommen sinnlos. Dazu bräuchte es deutsche Politiker anderen Kalibers oder eine abweichende Direktive der USA/NATO. Nur schon die Aussage von Frau Baerbock "mit den Russen/Putin nie mehr" hat auf dem diplomatischen Parket der heutigen Zeit keinen Platz mehr.

  • Elton

    Er flüchtet nicht. Der Westen interessiert ihn nicht mehr. Warum sollte er auch. Die Sanktionen schaden nur uns am Meisten. Er weiss, dass er am längeren Hebel sitzt. Russland hat ihren Markt bereits auf China, Indien und die Asean Staaten umgepolt. Was interessieren ihn die vom Westen seit Jahrzehnten mit Entwicklungshilfe verwöhnten 3. Welt Länder. Die Flüchtlinge werden auch nicht nach Russland gehen sondern nach Europa. Das alles haben wir den überheblichen westlichen Politkern zu verdanken.