Der US-Aktienmarkt hat im bisherigen Jahresverlauf um 20 Prozent korrigiert. Dieser Absturz lässt sich vor allem mit den steigenden Zinsen erklären, denn US-Staatsanleihen mit über 4 Prozent Rendite sind zu einer ernsthaften Konkurrenz zu Aktien geworden. Steigende Zinsen, wie der Anstieg der Hypothekarzinsen auf 7 Prozent, erweisen sich zudem als Spielverderber für die Konjunktur, insbesondere für den Immobilienmarkt.

Im Gegensatz zu früheren Rezessionen befindet sich wenigstens der Arbeitsmarkt noch in einer noch guten Verfassung. Dennoch ist die Konsumentenstimmung gemäss der Uni Michigan auf ein Allzeittief gefallen. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Inflation, die trotz ansehnlichen Lohn- und anstehenden Rentenerhöhungen viel Kaufkraft wegfrisst. Wenn der Privatkonsum, der 70 Prozent zum US-BIP beiträgt, erlahmt, dann besteht Rezessionsgefahr. Eine solche bestätigen die Einkaufsmanager-Indices für Oktober.

Die Verteuerung der Unternehmenskredite und die sich abzeichnende Rezession drücken auf die Unternehmensgewinne, die denn auch von den Analysten zügig nach unten revidiert werden. Per Saldo führt diese Kombination, höhere Zinsen und rückläufige Gewinnerwartungen, zu einem Rückgang der Risikoprämie der Aktien gegenüber den «risikolosen» Staatsanleihen.

Konkret ist diese Risikoprämie der US-Aktien von 3 Prozent per Ende 2021 auf nur noch 1,7 Prozent bis Ende Oktober geschrumpft, was von vielen Anlegern nicht mehr als ausreichend taxiert wird. Die Risikoabgeltung ist somit wesentlich geringer als für Aktien aus Europa (5,2 Prozent) oder Japan (7,9). Selbst die Schweizer Aktien erscheinen mit einer Risikoprämie von 5,2 Prozent wesentlich attraktiver als US-Titel.

Und nun kommen noch die Midterm-Wahlen ins Spiel. Ein Blick in die Geschichte der US-Börse unter den zwei Parteien seit 1896 zeigt, dass die Aktienmärkte unter den Demokraten besser abgeschnitten haben als unter den Republikanern, obwohl Letztere immer wieder mit Steuersenkungen für Unternehmen deren Gewinnperspektiven aufhellten.

Am besten schnitt die US-Börse unter Präsident Clinton ab (29 Prozent pro Jahr Amtszeit), gefolgt von Präsident Reagan (23) und Präsident Obama (19). Der selbsternannte Superstar für die Börse, Präsident Trump, liegt mit 14 Prozent lediglich auf Rang fünf der vierzehn Präsidenten. Nur zwei Präsidenten erlebten in ihrer Amtszeit eine negative Börsenentwicklung, die Republikaner Bush Junior (−0,5 Prozent) und Nixon (−2,4 Prozent).

Es ist somit eine Mär, zu behaupten, unter den Republikanern würden sich die Aktienmärkte besser entwickeln. Die Politik ist wichtig für die Wirtschaft, aber man sollte sie auch nicht überschätzen, vor allem nicht auf kurze Sicht. Technologische Fortschritte und das Zinsumfeld sind wesentlich wichtigere Faktoren.

Deshalb wäre es verwegen, Hoffnungen auf einen Börsenboom zu schüren, für den Fall, dass die Republikaner die Midterm-Wahlen gewinnen werden. Aber bei einem Sieg der Demokraten muss man auch nicht zwingend das Schlimmste befürchten. Weit wichtiger sind in den nächsten Monaten die Inflationszahlen, denn nur wenn diese weiter sinken, besteht Hoffnung auf eine Verschnaufpause bei den Zinserhöhungen des US Fed.

Die 3 Top-Kommentare zu "Löst ein allfälliger Sieg der Republikaner am US-Aktienmarkt eine Jahresendrallye aus? Rein statistisch betrachtet, ist dies eher unwahrscheinlich, denn die Aktienmärkte entwickelten sich unter den Demokraten meistens besser"
  • le_suisse

    Unter Trump gab es einen allzeit HIGH! Unter Biden eine so hohe Inflation wie vor über 40 Jahre nicht mehr!

  • Nordlicht48

    Unter Clinton wurden die Börsenkurse ua durch leichtinnige Hypothekenvergabe so gepusht, dass ein weltweiter Zusammenbruch mit Bankenpleiten daraus folgte. Mit solchen Lobeshymnen auf Clinton wie im Artikel sollte man vorsichtig sein. Der Reagan-Boom war dagegen solider.

  • whisky ohne e

    Sie bezeichnen Trump etwas hämisch als "Der selbsternannte Superstar für die Börse" und schreiben Ihm 7% Zuwachs zu. Wie kommen Sie auf diese Zahl? Die Präsidentschaft Trumps reichte von 20.01.17-20.01.21. Den Dow als Massstab genommen, startete dieser mit 19800 Punkten und endete in dieser Zeitspanne bei 31200 Punkten. Wohl ein klitzeklein bisschen mehr als 7%.