Zum ersten Mal seit zwanzig Jahren schafft ein französischer Präsident die Wiederwahl.

Als Messias war Macron 2017 angetreten. Er werde Frankreich von den Schulden, dem Links-rechts-Schema und dem faschistischen Fluch erlösen, verspach er. Wie Napoleon und de Gaulle werde er das Land reformieren.

An Grossereignissen mangelte es nicht: Trump und Putin in Paris. Fussballweltmeister in Moskau. Dann die Revolte der Gelbwesten. Schliesslich Covid, und jetzt die Ukraine.

Die Euphorie verflog. Am Schluss ging es nur noch um die Frage: Würde der Hass auf den gefallenen Propheten gewinnen oder die Abneigung gegenüber der «Neofaschistin»?

Die ersten Resultate kamen aus Übersee. Martinique, Guadeloupe, Guyana hatten im ersten Durchgang den linksradikalen Jean-Luc Mélenchon an die Spitze katapultiert. Am Sonntag wählten die Schwarzen Marine Le Pen.

Selbst bei Macrons Anhängern ist die Erleichterung über die Niederlage Le Pens grösser als die Freude über den letztlich überraschend deutlichen Sieg.

Marine Le Pen schien an ihren Einzug ins Elysée geglaubt zu haben. Eric Zemmour war ihr nützlichster Idiot. Doch nach dem ersten Wahlgang kam die Maschinerie zu ihrer Verteufelung wieder voll in Gang. Das Schlussresultat zeigt: Der Sieg war für sie unerreichbar.

Die Frustration der enttäuschten Le-Pen-Wähler ist gefährlich. An ihr sollte Macron seine Politik neu ausrichten.

Vor fünf Jahren implodierten die Sozialisten. Die Auferstehung der Linken erfolgt jetzt unter dem Banner von Jean-Luc Mélenchon, der die Stichwahl nur ganz knapp verpasste.

2022 verschwindet die bürgerliche Rechte. Die Republikaner rücken an den Rand der «extremen» Rechten, von der sie sich seit vierzig Jahren abgeschottet haben. Jetzt wurden sie von ihr geschluckt. Die «Populisten» machen einen Drittel der Wähler aus.

Die zwei Parteien, die Frankreich während sechzig Jahren regierten, verschwinden.

Das seit 200 Jahren gespaltene Frankreich hat mit Macron eine Mitte bekommen.

Eric Zemmours Traum geht weiter: die Wiedervereinigung der Rechten zur konservativen Bewegung ohne schlechtes Gewissen und ideologische Komplexe.

Es war die achte Kandidatur eines Mitglieds der Familie Le Pen. Die nächste wird – in dritter Generation – Marion Le Pen sein.

Emmanuel Macron hat das Parlament weiter abgewertet. Ob seine Mitte-Partei im Juni nochmals eine Mehrheit bekommt, ist fraglich. Er wird mit der linken und rechten Opposition, die den Nato-Austritt will, regieren müssen.

Wahlsieg hin oder: Macron wird Kompromisse eingehen müssen. Denn Jean-Luc Mélenchon hat angekündigt, dass er «im dritten Wahlgang», also bei den Parlamentswahlen im Juni, Premierminister werden möchte.

Die 3 Top-Kommentare zu "Emmanuel Macron schafft zwar souverän die Wiederwahl. Aber im Parlament wird er kaum eine Mehrheit bekommen. Der Big Bang der französischen Politik geht weiter"
  • Alpenfurz

    Für mich ist Macron der Faschist, nicht Le Pen. Stichwort Covid Diktatur.

  • Harry Callahan

    57 % der Stimmen mit 100 % der Medien ist ein schwaches Resultat. Die globale Elite wankt.

  • Bailey

    Die Wahl war wie bei uns bei SR-Wahlen. Es werden zwei Personen 'angeboten', beide unfähig. Man muss! also zwischen Pest und Cholera wählen..... Das ist seit Jahren hier so, in Frankreich und so war es auch in Deutschland. Unfähige Leute gehen in die Politik, weil sie in der Wirtschaft keinen Job mit diesem exorbitanten Gehalt ... nicht Lohn... finden. Das Jämmerliche ist ja bei uns, dass bald solche aus der Kinderschule ins Parlament gewählt werden. Wen wundert einen also die Unfähigkeit?