Die Pandemie hat eine völlig neue Kategorie von Gesetzesbrechern geschaffen. Menschen, die ohne Maske im öffentlichen Verkehr unterwegs sind, können mit bis zu 300 Franken gebüsst werden. Wer sich ohne Zertifikat in ein Restaurant schleicht, kassiert eine 100-Franken-Busse. Für die Gastronomen selber kommen die Verstösse gegen die Covid-Massnahmen auf bis zu 10.000 Franken zu stehen.

Dies hat in der Schweiz einer alten Volksbeschäftigung neuen Auftrieb gegeben: dem Beobachten und Denunzieren der Mitmenschen. Dank der Pandemie kann sich jeder und jede in den Stand eines Polizisten befördern. Beispielsweise am Parkhaus-Kassenautomat, wenn in der Wartereihe eine Maske unterhalb der Nase getragen wird, im Tram, wenn jemand ostentativ an einer PET-Flasche nippt, um dem Maskenzwang zu entgehen – oder im Restaurant, wenn ein falsches Zertifikat im Umlauf ist.

Mit der Aufhebung der Massnahmen sind die meisten dieser Corona-Verbrechen ab Mitte Februar glücklicherweise nicht mehr strafbar. Die Stadtkasse Uster kann aber auch darüber hinaus Zusatzeinnahmen budgetieren. Denn aufgrund der nicht ganz übersichtlichen Parkplatzsituation und missverständlichen Wegweiser beim Impfzentrum landen immer wieder Privatwagen auf einem Parkplatz, der zwar meistens leer bleibt – aber im nonpandemischen Alltag für Autobusse reserviert ist.

Und dort lauert Frau A.F.* mit gezücktem Notizblock und Standleitung zum Stadtrichteramt. Die Zusammenarbeit klappt perfekt – der Strafbefehl kommt per Einschreiben innerhalb von 48 Stunden.

Während sich der pekuniäre Schaden im Rahmen des Verkraftbaren bewegt (Busse: 50 Franken; Gebühren: 90 Franken), fehlt der Zusatzbemerkung jegliche Verhältnismässigkeit: «Bezahlt die beschuldigte Person die Busse schuldhaft nicht, tritt an deren Stelle eine nicht aufschiebbare Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag (Art. 106 Abs. 2 StGB).»

Mit anderen Worten: Wer im Corona-Zeitalter falsch parkiert, wandert hinter schwedische Gardinen.

 

*Name der Redaktion bekannt