Die Aargauer Kantonalbank hat unlängst gewisse Branchen von der Kreditvergabe ausgeschlossen. So finanziert die Staatsbank keine Firmen mehr, die mehr als zwanzig Prozent ihres Umsatzes mit der Produktion von Spirituosen erzielen – Obstbauern und Schnapsbrenner wehren sich vehement. Kein Geld will die AKB auch an Gentechfirmen verleihen; Projekte der Nukleartechnolgie oder fossiler Energietechnik stehen auch auf dem Index.

Dass die Strategieänderung ohne grosse Diskussion im Regierungsrat passierte und die oberste Aufsichtsbehörde, das kantonale Parlament, dazu keinen Ton zu sagen hatte, erstaunt Beobachter. Nun wurde durch den Aargauer Gewerbeverbandspräsidenten und SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner bekannt: Die Regierung hat die tollkühne Strategieänderung bei den Finanzierungsrichtlinien «in nur zwei Sitzungen besprochen und anhand von 38 Wörtern unter dem schwammigen Absatz ‹Nachhaltigkeit› durchgewinkt». Der Finanzdirektor legitimierte, die Kriterien der Kreditvergabe seien ein «unternehmerischer Entscheid», zu dem sich die Politik nicht äussern sollte.

Jetzt fliegt den Verantwortlichen der Entscheid um die Ohren. Vor einem Monat hat das Aargauer Kantonsparlament für knapp 26 Millionen 60.000 Quadratmeter Land in der grössten Industriebrache der Nordwestschweiz, dem Sisslerfeld im Fricktal, gekauft. Ziel sei es, das zerstückelte Land baureif «möglichst rasch an wertschöpfungsstarke Betriebe im Bereich Life Sciences zu verkaufen, um qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen».

Im Umfeld des Sisslerfelds bereits aktiv ist der Agrochemiekonzern Syngenta: Das 2015 vom staatseigenen ChemChina-Konzern für 43 Milliarden US-Dollar übernommene Unternehmen beschäftigt an drei Standorten in unmittelbarer Nähe zum Sisslerfeld über 750 Mitarbeiter und gilt als heisser Kandidat für den Kauf weiterer Flächen der Industriebrache. Dumm nur: Kredite von der AKB gäbe es keine, die Staatsbank hat pauschale Ausschlusskriterien nicht nur für die klassische Gentechnik festgelegt, sondern auch für die «Genome Editing»-Technologie, die vom Ständerat im Dezember von der Verlängerung des Gentech-Moratoriums bis Ende 2025 ausgenommen wurde.

Es lag daher am Sprecher des chinesischen Unternehmens Syngenta, die kantonalen Bankoberen im Aargau an ein paar Erkenntnisse und Prinzipien der Marktwirtschaft zu erinnern: Beispielsweise, dass grüne Gentechnik eine lange Tradition sicherer Anwendung für Umwelt und Mensch habe. Zudem sei äusserst bedauerlich, «dass mit den involvierten, im Kanton seit Jahrzehnten ansässigen forschungsintensiven Branchen vorab kein Gespräch gesucht wurde». Und schliesslich: «Gentechnologie pauschal auszuschliessen und die Kreditvergabe so radikal einzuschränken, ist keine vernünftige, nachhaltige Politik und schadet dem Wirtschafts- und Forschungsstandort Aargau.»

So weit also sind wir schon: Die Erinnerung an die Spielregeln einer konkurrenzfähigen freien westlichen Wirtschaft kommt neuerdings aus dem Mutterland der sozialistischen Marktwirtschaft.

Die 3 Top-Kommentare zu "Nachhilfe für den Aargau: Jetzt müssen sogar die Chinesen den Rüebliländern erklären, wie vernünftige und nachhaltige Wirtschaftspolitik geht"
  • simba63

    Der Wahnsinn hat System. Dass die Grün/Linken spinnen, ist soweit klar. Aber dass die Bürgerlichen weiterhin im Tiefschlaf verharren, ist nur schwer zu akzeptieren. Mit solchen Politikern kann alles nur bachab gehen!

  • Anna Meier

    "Kein Geld will die AKB auch an Gentechfirmen verleihen" Dieselben Leute, die gegen Gentechfirmen sind, schreien laut nach Impfpflicht mit einer Genspritze. Logik und Konsequenz sind heute Fremdwörter.

  • baloiszydeco

    Bravo Aargau! Wie macht man wirtschaftkich Harakiri? Eure Kantonalbank hat das Rezept. Was kommt noch? Als Anleger bei dieser Bank muss ich wohl meine besten ETF s abstossen? Darf nicht mehr in Rohstoffe investieren? Saubere Bank.