Ist Putin mit Hitler vergleichbar? In gewisser Weise geht diese Frage am Thema vorbei. Relevanter wäre es, sich weniger auf die beiden Menschen zu beziehen, sondern auf die Art der Gesellschaften, die sie im Inland schufen, auf ihre Politik gegenüber dem Ausland und auf den Einsatz der Propagandamittel zur Verbreitung ihrer Ideologie. Gemessen an diesen Massstäben sind sich Nazi-Deutschland und Putins Russland in der Tat sehr ähnlich. Diejenigen, die sich gegen diesen Vergleich wehren, denken sofort an den Holocaust und Hitlers Rassenlehre. Aber der Holocaust war das Ergebnis von Hitlers Obsession mit den Juden. Sie stellten zwar keine Bedrohung für Deutschland dar. Dennoch mussten sie, zusammen mit mehreren anderen Gruppen, seiner Meinung nach ausgerottet werden. Putin ist in ähnlicher Weise besessen von der Ukraine und den Ukrainern. Die Ukraine war nie eine Bedrohung für Russland, und dennoch weigert sich Putin, die Ukraine existieren zu lassen. Noch gibt es zwar keine Todeslager für Ukrainer. Aber täglich kommt es zu Kriegsverbrechen an der ukrainischen Zivilbevölkerung.

Während Hitler die rassische Überlegenheit Deutschlands betonte, beharrt Putin auf Russlands Sonderweg und behauptet, Russlands traditionelle Gesellschaft mit ihren orthodoxen christlichen Werten sei dem Westen überlegen. Wiederholt hat Putin von einem überlegenen genetischen Code des russischen Volkes gesprochen. Seine offiziellen Propagandisten im Fernsehen wiederholen unermüdlich, dass im Falle eines Atomkriegs die Menschen im Westen in der Hölle landen, während die Russen in den Himmel kommen werden. Wie Hitler ist Putin ein totaler Diktator mit einem Personenkult, der mit einer Nation identifiziert wird. Wie Hitler strebt Putin danach, einige Nationen von der Landkarte zu löschen und andere zu beherrschen. Wie Hitler-Deutschland kann auch Putins Russland nur so lange existieren, wie es sich ausdehnt. Wie Hitlers Einmarsch in Polen ist schliesslich auch Putins Einmarsch in die Ukraine vermutlich erst der Anfang.

Hoffen wir, dass Putin und sein Regime auch so enden werden wie Hitler und Nazi-Deutschland. Vielleicht wird das der Tag sein, an dem die Russen, wie die Deutschen vor ihnen, den Mut finden werden, sich ihrer dunklen Vergangenheit und Gegenwart zu stellen und mit dem Aufbau einer neuen russischen Gesellschaft zu beginnen.

* Michael Khodarkovsky ist Professor für Geschichte an der jesuitischen Loyola University Chicago. Der gebürtige Ukrainer ist Autor des kürzlich erschienenen Buches «Russia’s 20th Century: A Journey in 100 Histories».