«Es sind die Rechtspopulisten, die in den meisten europäischen Ländern zu neuen Arbeiterparteien geworden sind», sagt Politikwissenschaftler Philip Manow im Interview mit der NZZ. Er analysiert den Aufstieg des Rechtspopulismus in Europa und warnt davor, den Wählern pauschal zu misstrauen.

Manow erklärt, dass Rechtspopulisten Wähler aus der Arbeiterschicht und unteren Mittelschicht anziehen. Diese Gruppe fühlt sich von den traditionellen linken Parteien, insbesondere der Sozialdemokratie, nicht mehr repräsentiert. Rechtspopulisten vertreten eine Mischung aus Nationalismus, Skepsis gegenüber Einwanderung und Ablehnung der etablierten Eliten. Sie sprechen die Unzufriedenheit vieler Bürger über gesellschaftliche Veränderungen und soziale Ungleichheit an und mobilisieren so Unterstützung.

Manow kritisiert die akademische Elite: «Auf die [populistischen Bewegungen] schaut nun die universitäre Sozialwissenschaft mit einer Mischung aus Verachtung und Verwunderung herab, ohne auf den Gedanken zu kommen, dass man selbst in den Konflikten der Gegenwart eine bestimmte soziale Gruppe mit bestimmter Sichtweise darstellt.»

Zudem zweifelt Manow an der Wirksamkeit der demokratischen Massnahmen gegen den Rechtsextremismus und vergleicht es mit dem impeachment in den USA. Zur Drohung anderer Parteien, ein Verbot der AfD durchzusetzen, sagt Manow: «Man spitzt die ganze Zeit den Mund, will aber eigentlich gar nicht pfeifen. […] Auch das kennzeichnet ja eine gewisse Verlogenheit des Diskurses.»