Trotz der westlichen Sanktionen wächst die russische Wirtschaft weiter. Neue Zahlen belegen ein solides Wirtschaftswachstum, niedrige Arbeitslosigkeit und steigende Reallöhne, berichtet die NZZ («Russlands Wirtschaft boomt»). Dies ist jedoch in erster Linie auf die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft zurückzuführen. Die rüstungsnahen Industriezweige haben ihre Produktion seit Kriegsbeginn deutlich gesteigert und profitieren von hohen Staatsausgaben.

Im ersten Quartal 2024 verzeichnete das russische BIP ein Wachstum von 5,4 Prozent, während die Investitionen um 14,5 Prozent zulegten. Besonders die Kriegsindustrie floriert: Das Produktionsvolumen hat sich seit der Invasion in die Ukraine um über 60 Prozent erhöht. Staatliche Militärausgaben sollen in diesem Jahr um fast 70 Prozent steigen und damit nahezu ein Drittel des Haushalts ausmachen. Gleichzeitig bleibt die Arbeitslosigkeit mit 2,6 Prozent auf einem historischen Tiefstand. Vor allem Regionen, die traditionell wirtschaftlich schwächer waren, profitieren von dieser Entwicklung.

Die russische Kriegswirtschaft wird zudem durch hohe Einnahmen aus dem Export fossiler Rohstoffe gestützt. Trotz der westlichen Sanktionen konnte Russland allein in den ersten sieben Monaten des Jahres Waren im Wert von 240 Milliarden US-Dollar exportieren, hauptsächlich Erdöl und Erdgas nach Asien. Dies ermöglicht es Russland, weiterhin Handelsbilanzüberschüsse zu erzielen und seine Kriegsanstrengungen zu finanzieren.

Langfristig stehen der russischen Wirtschaft jedoch düstere Aussichten bevor. Experten warnen vor einer gefährlichen Abhängigkeit von staatlichen Militärausgaben und der Deindustrialisierung anderer Wirtschaftszweige. Russlands Innovationskraft bleibt gering, und die Sanktionen erschweren den Zugang zu westlicher Technologie. Zudem leidet das Land unter dem Verlust junger Fachkräfte, die entweder im Krieg gefallen sind oder das Land verlassen haben. Experten bezweifeln daher, dass das derzeitige Wachstum nachhaltig ist.