Die Szene besitzt schon jetzt Legendenstatus – ähnlich wie das Wembley-Tor von 1966.

Im EM-Viertelfinal Deutschland–Spanien lief am Freitagabend die 105. Minute. Es stand 1:1. Jamal Musiala, der deutsche Shootingstar, schoss dem Spanier Marc Cucurella klar erkennbar an den Arm, der englische Schiedsrichter Anthony Taylor pfiff trotzdem nicht.

Eine ganze Nation fühlte sich belogen und betrogen. Deutschlands Offensiv-Leader Thoma Müller kommentierte die Situation sachlicher: «Handelfmeter, kannste geben, für uns wäre es super gewesen.» Später sagte Müller: «Die Handspielregel ist ein ganz verzwicktes Luder.»

Die nüchterne Betrachtungsweise kennt bei der Frage «Hands oder nicht?» zwei entscheidende Kriterien: die Absicht sowie die «unnatürliche Vergrösserung der Körperfläche».

Bei Cucurella ist die Frage, ob Letzteres vorliegt. Die Uefa ist generell bei der Auslegung relativ streng, strenger jedenfalls als der Deutsche Fussball-Bund. Wenn die Hand oder der Arm etwas abseits des Körpers ist, ist die Chance enorm hoch, dass es in einem europäischen Wettbewerb dafür Elfmeter gibt.

Dies wurde etwa dem Dänen Joachim Andersen zum Verhängnis, der im Achtelfinal gegen Deutschland eine Flanke von David Raum mit einer abgespreizten Hand leicht ablenkte.

Doch im Viertelfinal blieb die Pfeife des englischen Referees stumm – so stumm, dass in Deutschland auch Tage später das Lamento noch ohrenbetäubend laut ist.

Ein Fan hat nun sogar den semi-politischen Weg eingeschlagen. Er fordert – unterstützt von der Zeitung Bild – eine Spielwiederholung und lancierte eine Petition.

Damit trifft er den Nerv seiner Landsleute. Bis Montagmittag hatten 380.000 Personen den Vorstoss unterschrieben.
Leider (aus deutscher Sicht) wird die Forderung aussichtslos bleiben. Nachdem sich der Video-Referee nicht eingeschaltet hatte, war die Sache schon am Freitagabend vom Tisch.

Und damit bleiben zwei wichtige Erkenntnisse im Fussball in Stein gemeisselt. In Würde zu verlieren, ist wesentlich schwieriger als zu siegen. Und: Handspiel ist, wenn der Schiedsrichter pfeift. Und nur dann.

Die 3 Top-Kommentare zu "Schlechte Verlierer: Fussball-Deutschland schmollt über einen ausgebliebenen Schiedsrichterpfiff – und lanciert eine aussichtslose Petition"
  • hanspeter1956

    Das deutsche Volk hätte, weiss Gott tiefgreifendere Probleme in ihrem herunter gewirtschafteten Land zu lösen, als Energie für solche unsportlichen Aktionen zu investieren.

  • Peter L.

    Kaum spielt man ein paar Spiele ordentlich, will man gleich wieder Meister sein. Der Deutsche verändert sich nie.

  • Käsesemmel

    Man muß auch mit Anstand verlieren können. Oder ist das schon wieder eine neue Dolchstoßlegende?