Die frühere Bundesrätin Micheline Calmy-Rey (SP) hat kein Problem mit den von der Schweiz ergriffenen Sanktionen gegen Russland. Sie hat als Aussenministerin die Neutralität schon immer etwas larger interpretiert als zum Beispiel die SVP.

Doch im Doppelinterview mit ihrem früheren Amtskollegen, alt Bundesrat Christoph Blocher, sagt jetzt auch sie, es sei leider richtig, «dass andere Länder uns nicht mehr als neutral wahrnehmen. Wenn der Schweizer Botschafter in Washington im US-Fernsehen unsere Neutralität erklärt und gleichzeitig eine Ukraine-Flagge am Revers trägt, ist es natürlich schwierig. Es gibt einen grossen Erklärungsbedarf».

Der Bundesrat und die anderen Regierungsparteien mit Ausnahme der SVP tun aber so, als sei nichts passiert. Brav vollzieht man alle neuen EU Sanktionen, als gehöre man schon zum Klub.

Die Chefs von FDP und Mitte-Partei träumen von einer engeren Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich mit der Nato und natürlich auch mit der EU, während Bundespräsident Ignazio Cassis einen Bericht zur Neutralität verspricht.

Das sind doch alles bloss Nebelpetarden. Die eigentliche Frage ist: Wollen wir unsere immerwährende bewaffnete Neutralität retten?

Wenn ja, werden simple Erklärungen wohl nicht mehr ausreichen, um international unsere Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Es braucht jetzt Taten. Wie wärs, wenn wir anfangen würden, das zu tun, was wir in den letzten 200 Jahren erfolgreich getan haben: unsere Guten Dienste anbieten und auf diese Weise helfen, den Krieg in der Ukraine zu beenden?

Dafür müssen wir auch mit Russland reden, aber bitte auf diplomatischer Ebene und vor allem diskret.