27 Jahre lenkte der Freiburger René Fasel den internationalen Eishockey-Verband mit Sachverstand und politischem Fingerspitzengefühl.

Er schaffte es, die wirtschaftlich dominierende (nordamerikanische) National Hockey League mit den russischen Eishockey-Generälen an einen Tisch zu bringen. Er vollbrachte das Kunststück, dass Süd- und Nordkorea an den Winterspielen 2018 mit einer vereinigten Equipe zum Frauen-Turnier antraten.

Die Schulterklopfer und Trittbrettfahrer jubelten ihm zu – von den Verbänden und aus den Medien. Logischerweise wurde der studierte Zahnarzt nach seinem Rücktritt 2021 zum Ehrenpräsidenten des Verbands ernannt.

Doch dann kam der 24. Februar 2022 – und die russische Invasion in die Ukraine. Quasi über Nacht wurde Fasel zur Persona non grata erklärt. Seine (früher noch hochgeschätzte) Nähe zum Kreml wurde nun zum Fallstrick. Die Ethikkommission eröffnete ein Verfahren, ehemalige Weggefährten zeigten mit dem Finger auf ihn.

Nun sind viereinhalb Monate vergangen – und Fasel kämpft um seinen Ruf. Und er muss Anschuldigungen kontern, die irgendwie grotesk wirken: alte Fotos, die ihn mit Putin zeigen, Russland-freundliche Aussagen, die er früher machte – unter anderem in einer Fernsehsendung, die am 27. Februar 2022 auf SRF 2 ausgestrahlt wurde.

Was man allerdings wissen muss: die Diskussion wurde am 17. Februar aufgenommen – also eine Woche vor Kriegsbeginn.

Da stellen sich grundsätzliche Fragen: Darf ein Mensch für etwas zur Rechenschaft gezogen werden, das er noch unter einer anderen Ausgangslage gesagt (oder getan) hat?

Kann Fasel allein dafür bestraft werden, dass er mit einer Anstellung bei der russischen Kontinental Hockey League liebäugelte – diese aber nie antrat?

Der gesunde Menschenverstand kennt nur eine Antwort. Sie lautet Nein.

Die 3 Top-Kommentare zu "Stunde der Doppelmoral in der Sportpolitik. Eishockey-Chef René Fasel muss sich wegen seiner Beziehungen zu Russland der Ethik-Kommission stellen"
  • mnuenlist

    Wir sind an einem Punkt angelangt wo nur Gutmenschen den Ton angeben, mir fehlen die Worte ausser "zum Teufel mit ihnen "

  • ich

    Eine solche "Ehtikkommission" zeigt sich ja als das Gegenteil ihres Namens! Nicht neutral, ja fast rassistisch. Eine himmeltraurige Zeit, wo Menschen, Gesellschaft und Organisationen ihre einseitige Voreingenommenheit outen, fast wie auf Befehl. Die Folgen werden verheerend sein.

  • Sonusfaber

    Jeder hat das Recht, sich zu Russland und zu Putin zu bekennen, und niemand darf deswegen bestraft werden. Verbrecherisch ist hingegen, jemanden deswegen zu diskriminieren und zu bestrafen. Ich verstehe nicht, warum sich Fasel einschüchtern lässt: Er muss niemandem Rechenschaft ablegen!