Franziska Giffey will nach der Silvesternacht «möglichst schnell» zu einem Gipfel gegen Jugendgewalt einladen. Berlins Regierende Bürgermeisterin hat von der Polizei erfahren, «dass auch die sozialen Medien eine grosse Rolle spielen.» Und die SPD-Politikerin weiss jetzt, «dass eben sich gegenseitig angestachelt wird auf Tiktok».

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In anderen Ländern hat sich diese Erkenntnis bereits durchgesetzt. Tiktok sei ein Forum dafür, palästinensische Terroristen zur Gewalt gegen Israel anzustacheln, wissen Israels Geheimdienste. Nicht nur witzige und unterhaltende Clips werden über Tiktok weltweit verbreitet, sondern auch Hassbotschaften, in denen Gewalt verherrlicht wird. Und da sich Tiktok vor allem an User im Teenager-Alter wendet, kann der Einfluss der Plattform zerstörerisch sein.

Die Vorwürfe weist das chinesische Unternehmen Tiktok zwar offiziell zurück. Es sei «kompromisslos» und wolle die Unterstützung von gewalttätigem Extremismus auf oder ausserhalb seiner Plattform verhindern, versichert das Unternehmen, das im Besitz des chinesischen Internet-Konglomerates Bytedance ist, welches von der Kommunistischen Partei kontrolliert wird. Die «Kompromisslosigkeit» betrifft allerdings in erster Linie Inhalte, die sich auf China beziehen, hat der israelische Kommunikationsforscher Gabriel Weinmann recherchiert. Clips, die sich gegen Peking wenden, würden gelöscht.

Weniger sorgfältig gehe Tiktok aber mit Beiträgen aus dem Rest der Welt um. Jordanien kündigte deshalb neulich ein «vorübergehendes Verbot» der Social-Media-Plattform Tiktok an, nachdem bei Protesten gegen hohe Benzinpreise ein Polizeibeamter getötet worden war. In Amman wirft man Tiktok vor, Veröffentlichungen zugelassen zu haben, die zu Gewalt und Unruhen gegen Sicherheitskräfte aufgerufen hatten. Und in Indien wurde vor zweieinhalb Jahren die App Tiktok mit dem Argument verboten, dass sie eine Bedrohung für die «nationale Sicherheit und Verteidigung Indiens» darstelle.

Auch in den USA sieht man die Plattform und ihre Muttergesellschaft Bytedance zunehmend kritisch: Aus Sorge, dass China sensible und nicht öffentliche Daten, die von Tiktok gesammelt wurden, für «Erpressung, Spionage, ausländische Einflussnahme und Überwachung» nutzen könnte. Tiktok darf deshalb nicht mehr auf Geräten installiert werden, die der Bundesregierung gehören. Neunzehn Bundesstaaten und Schulbezirke haben den Zugang zu Tiktok auf Regierungscomputern bereits eingeschränkt, auch weil auf Tiktok brutale Szenen zelebriert werden. Vom Kongress könnte Tiktok landesweit verboten werden.

Auch in der Schweiz wird ein Tiktok-Verbot diskutiert. Im Vordergrund steht allerdings (noch) nicht die Gewalt, die auf der Plattform verherrlicht wird, sondern das Risiko für den Datenschutz. Immerhin: Die Debatte hat begonnen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Über die Teenager-App Tiktok werden auch Szenen verbreitet, die Gewalt verherrlichen. Eine Diskussion über Risiken der Plattform ist in der Schweiz überfällig – nicht erst seit der Silvesternacht"
  • hape

    Tik Tok verbieten? Damit keiner mehr erfährt, das "Ali ben Pascha (Name frei erfunden) und seine Freunde" zwar wegen "unmenschlichen" Zuständen aus ihren Heimatländern abgehauen sind, jedoch bei uns mit aller Kraft versuchen, eben jene "unmenschliche" Kultur zu installieren? Ja Bravo.

  • kostas

    Nur weil Tik Tok ein erfolgreiches chinesisches Geschäft ist, ja dann ist eine Diskussion "überfällig". Das Chinabashing läuft den Rang des Russenbashing ab. Die USA haben einen neuen Feind erfunden und die Vasallen springen ueber jedes Stöckchen. China hat der Welt nichts getan, es versucht wirtschaftlich zu bestehen, was den USA ein Dorn im Auge ist. Sollte China als Wirtschaftspartner ausfallen, ja wo wollen die westlichen Länder ihre Produkte verkaufen. In Kuba vielleicht?

  • antifakenews

    Herr Heumann rührt die Trommel für das Verschwinden von Tiktok. Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: 1. Mark Zuckerbergs Facebook und Instagram haben dann keinen Konkurrenten mehr, was gut für Herrn Zuckerberg ist. Und die lästige Meinungsvielfalt wird dann auch auf Facebook-Niveau gesenkt.