Das Dementi kam postwendend. Die Behauptung der Journalisten-Legende Seymour Hersh, dass die USA die Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee gesprengt haben sollen, sei «völlig falsch und frei erfunden» (utterly false and complete fiction). So die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Adrienne Watson.

Und ein Sprecher des Auslandsgeheimdienstes CIA ergänzte: «Diese Behauptung ist völlig und vollkommen falsch.»

Sehr viel falscher als völlig und vollkommen falsch geht eigentlich nicht. Und natürlich überrascht die Stellungnahme der US-Administration nicht. Was hätte man auch sagen sollen? Immerhin ist der Vorwurf, dass die USA lebenswichtige Infrastruktur einer befreundeten und verbündeten Nation zerstört hätten, so delikat und gravierend, dass man ihn nur bestreiten kann.

In seinem Text berichtet Seymour Hersh recht detailliert, wie Taucher welcher Tauchschule die Operation durchgeführt hätten, inwieweit Norwegen daran beteiligt war und wie sie umgesetzt wurde. Laut Hersh lief die Planung für das Unternehmen seit Dezember 2021, im Zuge der Übung Baltops 22 seien die Sprengsätze angebracht und am 26. September ausgelöst worden.

Jeder Journalistik-Student weiss, dass eine Informationsquelle eine Quelle zu wenig ist. Das gilt auch für alternde Investigativ-Stars. Zumal wenn die Quelle anonym ist.

Andererseits ist das von Hersh skizzierte Szenario durchaus plausibel. Schon der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass die USA wie auch immer in die Vorgänge involviert sein müssen.

Aber im Grunde sind diese Details schon gar nicht mehr das Problem. Der eigentliche Skandal ist der Umgang der deutschen Regierung und der deutschen Medien mit den Geschehnissen um Nord Stream.

Gibt es eine deutsche Untersuchung der Vorgänge? Wurde offiziell irgendetwas unternommen? Haben zumindest deutsche Journalisten investigativ recherchiert? Bisher zumindest nicht.

Und der Grund dafür ist offensichtlich: Eine Beteiligung der Amerikaner an dem Unternehmen wäre für die Bundesregierung peinlicher als für die Amerikaner selbst. Denn es würde zeigen, wie machtlos man in Berlin faktisch ist.

Also: lieber schweigen, verdrängen, sich ahnungslos stellen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Ukraine-Krieg: US-Journalist behauptet, Amerika habe die Nord-Stream-Pipelines gesprengt. Das Weisse Haus dementiert. Was, wenn das skizzierte Szenario stimmt?"
  • reining

    Man kann nur froh sein, dass es noch unabhängige Journalisten wie Hersh gibt.

  • Michele R.

    Die USA werden jetzt gemeinsam mit Schweden und Dänemark, die diese Untersuchungen durchgeführt haben, rasch mit dem "Beweis" antreten, dass nicht sie, sondern die Russen es waren. Und alle werden es glauben - auch wenn der "Beweis" noch so hanebüchen ist, wie damals beim Irakkrieg.

  • lori lauinger

    Die Amis können das doch ruhig zugeben. Es passiert ja dann trotzdem nichts.