Alte Bauernweisheit: Wenn Spitzenkandidaten kurz vor der Wahl noch die vermeintlich Unentschlossenen für sich entdecken, mit deren Hilfe der abtrünnige Trend noch zu drehen sei, ist das regelmässig ein zuverlässiges Zeichen für die kommende Niederlage.

Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (44, CDU) hatte noch Stunden vor der Saar-Wahl Gut-Wetter-Sprüche dieser Art probiert. Doch auch die Unentschlossenen laufen nicht geschlossen auf eine Seite. Auf die des blassen Hans schon gar nicht.

Für die Oppositionspartei CDU und ihren neuen Chef Friedrich Merz (66) ist diese Klatsche vor allem ein klares Signal, dass es sich ausgemerkelt hat draussen im Land: Wer wie Hans mit dem Zeitgeist geht, geht mit der Zeit. Er hatte sich zum Gendern bekannt, fuhr in der Corona-Politik erst die harte Tour, dann die softe, gab den Grünen im schwarzen Umhang und entdeckte kurz vor Toresschluss noch die hohen Preise fürs fossile Benzin. Glaub ich nicht, sprach der Wähler und lief zur roten Ex-Kugelstosserin Rehlinger (45) über.

Und auch Linken-Guru Oskar Lafontaine (78) hat seinen Anteil an diesem Wahlausgang: Er trat kurz vor dem Urnengang aus der Linken aus, stiess den zerstrittenen Landesverband in den Abgrund und trieb die Wähler der SPD zu. Das Netteste, was er seiner früheren Partei seit langem angetan hat.

Kanzler Olaf Scholz (63, SPD) wird diesen Kantersieg selbstverständlich sich und der SPD umhängen, Merz die Niederlage sich selbst eher nicht. In Wahrheit liegen Union und SPD in den bundesweiten Umfragen stabil gleichauf bei etwa 25 Prozent, und ein davonrauschender Scholz-Zug ist bislang nicht in Sicht.

Immerhin: Das Wahljahr 2022 ist eröffnet. Ring frei zur nächsten Runde in Nordrhein-Westfalen im Mai …

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen.

Die 3 Top-Kommentare zu "Wahlen im Saarland: Was bedeutet das CDU-Debakel für Friedrich Merz? Was bedeutet der SPD-Sieg für Olaf Scholz?"
  • ClaudiaCC

    Merkel hat die CDU so nachhaltig ruiniert, dass ich nicht glaube, dass die sich davon nochmal erholen kann, Merz hin oder her. Wenn ich CDU-Mitglied wäre, würde ich austreten und mit vernünftigen Mitstreitern als "Werte Union" bei den nächsten Wahlen antreten. Hans-Georg Maaßen wäre der geeignete Spitzenkandidat.

  • bauernbursch

    Die Wahl im Saarland zeigt, dass sich Deutschland auf dem Weg in den Sozialismus befindet. Die Westdeutschen haben aus dem Niedergang der DDR nichts gelernt! Das ist erschreckend!!!

  • gerd mueller

    Anke Rehlinger ist Volljuristin und arbeitet als Partnerin in einer Rechtsanwaltskanzlei. Tobias Hans hat sein Studium ohne Abschluss nach 18 Semestern abgebrochen. Könnte man erwähnen, aber dann wäre der Artikel wesentlich kürzer.