Es ist eine der interessantesten Fragen im Bundeshaus: Warum gehen die Medien so pfleglich mit Bundesratskandidat Albert Rösti um? Nie in den letzten Jahrzehnten standen die Journalisten einer Kandidatur eines SVP-Vertreters unkritischer gegenüber.

Es gibt zwei Presseprodukte, die den Gottesdienst stören: Die Wochenzeitung («Ölkönig») und die Weltwoche («Ämtlisammler»). Das sind die einzigen Titel mit einer kritischen Berichterstattung.

Das Rätsel hat einen einfachen Grund. Es dreht sich – wie fast alles in der Schweiz – um die Person von Christoph Blocher. Alle Politikinteressierten wissen, dass der SVP-Doyen mit der Arbeit des Berner Nationalrats als Präsident der Volkspartei unzufrieden war und ihn absägte.

Die Tatsache, dass Rösti beim «Lord Voldemort» der Schweizer Politik in Ungnade gefallen ist, reicht den Journalisten, um auf Schmusekurs mit Rösti zu gehen. Gerne sehen sie über all das hinweg, was sie sonst ins unbarmherzige Säurebad ihrer Kritik gelegt hätten: Öllobbyist, Auto-Fan, zu wenig Urbanität, und am allerschlimmsten: ein erklärter Gegner der Übernahme der USA/EU-Ukraine-Sanktionen. Es werden gar irre Verschwörungstheorien gezimmert. Hinter den kritischen Medienbeiträgen stünde – ja wer schon? – natürlich der 82-jährige böse Zauberer aus Herrliberg.

Den «Röstiisten» kann es egal sein. Mit allergrösster Wahrscheinlichkeit wird ihr Mann am 7. Dezember gewählt. Das kurze Zerwürfnis mit Christoph Blocher als Parteichef entpuppt sich in Röstis Karriere als wichtige Etappe auf seinem Weg in die Landesregierung.