Welche Ehre! Bundesrätin Keller-Sutter darf dem IWF und der Weltbank in Washington anlässlich des Frühjahresmeetings Auskunft über die CS-Rettung geben!

Diese Angeberei der Finanzministerin war einer der «Höhepunkte» und zugleich der Schlusspunkt der Sondersession. Gemeint war wohl: Antreten zum Rapport und zur nächsten Befehlsausgabe der Amerikaner. Aber es gab noch andere Pikanterien, die aufhorchen lassen:

Was die Finanzministerin krampfhaft zu verheimlichen suchte, plauderte ein Mitglied der Finanzdelegation munter aus: Vom Freitag bis zum ominösen Sonntag, als das Ende der CS besiegelt wurde, sollen aus der Credit Suisse 100 Milliarden Franken Liquidität (immerhin fast 19 Prozent der CS-Bilanzsumme) abgeflossen sein.

Um gegen die CS-Oberen vorgehen zu können wurde allen Ernstes vorgeschlagen, die Publica mit 750.000 CS-Aktien oder die Compenswiss (AHV, IV, EO) für Klagen gegen die CS vorzuschieben, weil der Bund selbst keine Aktien besitze und deshalb keine Aktionärsklage einbringen könne. Immerhin realisierten einige Parlamentarier, dass Bussen der Finma gegen fehlbare Managements und Banken letztlich von den ohnehin geschädigten Aktionären bezahlt werden müssten (oder von der Organ-Haftpflichtversicherung).

Nicht abwegig erschien hingegen der Vorschlag, die AT1-Anleihen in Aktien zu wandeln, damit diese den Aktionären gleichgestellt würden. Dass die Rendite dieser AT1-Bonds 9 Prozent betragen habe, war hingegen eine Fehlinformation der Finanzministerin Karin Keller-Sutter (KKS). Sie versuchte die Käufer solcher Anleihen als geldgierige Monster zu brandmarken, um die Wertlosigkeits-Erklärung der AT1-Bonds zu rechtfertigen. Die kapitalgewichtete Verzinsung dieser AT1-Anleihen betrug effektiv 6,25 Prozent, wobei die erst 2022 ausgegebene 9-Prozent-Anleihe schon vor der ersten Zinszahlung wertlos wurde.

Stutzig mach eine Aussage der Finanzministerin, die SEC, die amerikanische Börsenaufsicht, habe die Veröffentlichung des CS-Geschäftsberichtes verhindert, weil die Risikokontrollen zu schwach gewesen seien. Dies sei durch die Prüfgesellschaft danach auch bestätigt worden. Welche Prüfgesellschaft ist gemeint, und warum ist diese nicht schon bei der Abfassung des Jahresberichtes auf diese Mängel gestossen?

Auch ihre Bemerkung, dass das «Lenkungsgremium Finanzkrise (SNB, Finma, EFD)» den Verkauf der Credit Suisse schon länger vorbereitet habe, ist alarmierend. Es hätte keine anderen Interessenten für einen Kauf der CS gegeben. Wer hat welche potenziellen Käufer angefragt? Hat man mit solchen Anfragen das Misstrauen gegen die CS zusätzlich angeheizt und damit Leerverkäufe oder Einlagenrückzüge provoziert? Und warum hat man es trotz der langen Vorlaufzeit dennoch so weit kommen lassen, dass Notrecht angewendet werden musste?

KKS versicherte, dass dank der Übernahme der CS durch die UBS die Risiken eines Garantiefalls nochmals deutlich kleiner geworden seien. Dies bedeutet wohl im Klartext, dass auch die UBS-Einleger für die CS-Liquiditätshilfe mithaften. Fragen nach der Dauer der Garantie wurden hingegen nicht beantwortet.

Die CS müsste zuerst in Konkurs geraten und die SNB auf den abgesicherten Darlehen trotz Konkurs-Privileg einen Verlust erleiden, damit der Bund zur Kasse gebeten würde. Geht KKS davon aus, dass die Credit Suisse gar nicht in die UBS integriert wird? Einmal integriert, würde ein Konkurs der CS doch bedeuten, dass auch die UBS insolvent wäre. Dann käme es sehr wohl zu einem Finanzgau für die Eidgenossenschaft.

Der Bund habe sich zu nicht mehr verpflichtet als zu diesen neun Milliarden Franken für allfällige Wertminderungen übernommener CS-Portfolios. Wenn man darüber hinausgehen wollte, müsste man mit der UBS sprechen, und das Parlament müsste zusätzlichen Garantien zustimmen. Der Bundesrat sei mit der UBS jedoch erst im Gespräch über diesen Garantievertrag. Das Parlament hat somit eine Garantie für einen Vertrag gesprochen, der gar noch nicht vollständig ausgehandelt war.

Auch die Meinung, dass eine temporäre Verstaatlichung wegen der nicht abschätzbaren Rechtsrisiken für den Bund und die Steuerzahlenden keine Option gewesen wäre, hinterlässt ein ungutes Gefühl. Die gleichen Risiken könnten doch auch die UBS treffen.

Als systemrelevante Bank hätte die CS gemäss Basel III bereits im Jahr 2017 eine Eigenkapitalquote von bis zu 10 Prozent einhalten müssen. Warum dies nicht durchgesetzt worden sei, wollte eine Parlamentarierin wissen. Die Finanzministerin flüchtete sich in die Ausrede, dass sich die Umsetzung von Basel III wegen der Corona-Krise etwas verspätet habe. Man habe damals keine zusätzliche Belastung der Banken gewollt.

Das Dumme daran ist nur: Die Corona-Pandemie fand erst 2020 statt.