Die nordirischen Unionisten sind seit langem in der Defensive. Zwar verfügen sie im Regionalparlament noch über eine knappe Mehrheit. Aber diese werden sie heute voraussichtlich verlieren. Das wäre das letzte Kapitel in einer Entwicklung, die seit Jahrzehnten anhält. Denn in den wichtigen Ortschaften haben die nordirischen Nationalisten die politische Führung bereits übernommen, vor allem weil sie mehr Kinder haben.

Auch die Hauptstadt Belfast ist seit langem in der Hand der katholischen Nationalistenpartei Sinn Fein, des politischen Arms der einstigen IRA-Rebellen. Ihr wichtigstes Ziel bleibt die Vereinigung mit der Republik. Und das wollen sie mit einer neuen Volksabstimmung erreichen. Schon 1973, auf dem Höhepunkt der «Troubles», ist es zu einem Referendum gekommen. Die katholischen Nationalisten, damals in der Minderheit, boykottierten aber die Abstimmung, weil sie aus ihrer Sicht ohnehin verloren war. Jetzt stehen die Zeichen genau umgekehrt. Bei einem neuerlichen Referendum würden mit grosser Wahrscheinlichkeit die irischen Nationalisten gewinnen.

Die Position der protestantischen Unionisten hat sich mit dem Brexit zusätzlich verschlechtert. Denn die EU verlangt eine innerbritische Grenze zwischen der Hauptinsel und Nordirland, damit keine unverzollten Waren in die Republik gelangen. Damit fühlen sich die Unionisten von ihrem Mutterland abgehängt und in die ungeliebte Republik gedrängt. Das verheisst Schlechtes für Nordirland. Denn die Geschichte zeigt: Wenn immer sich in dieser unseligen Ecke des Königreichs eine Seite schwach fühlt, kommt es zum Eklat.