Gerhard Schröders entscheidender Fehler war 2005 die Bereitschaft, einen Monat nach Verlassen des Kanzleramts den Aufsichtsratsvorsitz bei der Nord Stream AG anzutreten. Der Zeitpunkt war viel zu früh – aus Sicht der Deutschen – und die Bezahlung viel zu gut – aus Sicht der Russen. Nicht weil seine Tantiemen marktunüblich hoch waren. Sondern weil der Ex-Kanzler damit die Augenhöhe Putin und dem Kreml gegenüber verlor.

Zwischen zwei Köchen, auch solchen im Ruhestand, ist Freundschaft möglich. Zwischen Koch und Kellner nicht. Hätte Schröder den Job für einen symbolischen Euro ausgeübt, wäre er ein Asset in den deutsch-russischen Beziehungen. So hat er überflüssiges Geld gewonnen und dafür allseits Gesicht eingebüsst.

Das Dilemma der deutschen Politik ist, dass es eigentlich (ausser Angela Merkel) niemanden gibt, der deutsch-russischen Respekt geniesst und hinter den Kulissen inoffiziell tätig werden kann.
Schröders Vorstoss Mitte März, als er auf eigene Faust bei seinem Arbeitgeber im Kreml vorsprach, kam viel zu früh im Kriegsverlauf. Da halfen auch die Moskauer Selfies seiner betenden Ehefrau nicht; solche Missionen vertragen sich nicht mit Twitter und Instagram.

Bleibt nur Angela Merkel. Sie weiss, was sie von Putin zu halten hat. Und sie weiss auch, dass sie ihn von seinem vielleicht letzten Egotrip nicht abbringen kann. Daher wird sie es gar nicht versuchen. Nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt.