Rabattschlachten in Supermärkten lösen bei Konsumenten oft einen Kaufrausch aus. Anders an den Kapitalmärkten. Wenn dort Kurse purzeln, kommt es nicht selten zu Panikverkäufen. Das ist eigentlich unlogisch. Denn auch Investoren sollten Preiskorrekturen als Chancen und nicht nur als Bedrohung sehen.

Börsen-Crashs haben unterschiedliche Ursachen. Am kurzlebigsten sind politische Ereignisse. Die meisten Aktienmärkte holen innerhalb eines Jahres die durch Attentate, Regierungswechsel oder militärische Konflikte ausgelösten Preiskorrekturen jeweils wieder auf.

Rezessionen und Depressionen wurden in der Vergangenheit zwar in sieben von zehn Fällen durch Zinserhöhungen und Preiseinbrüchen am Immobilienmarkt verursacht. Aber wie die Corona-Pandemie gezeigt hat, können Rezessionen auch ohne Zinserhöhungen ausbrechen, wenn es zu Unterbrüchen von Lieferketten oder zu Quarantänen kommt, die Konsumenten vom Reisen und von Einkäufen abhalten.

Und schliesslich werden konjunkturelle und finanzielle Zyklen durch die Zinspolitik der Notenbanken ausgelöst. Die Erfahrung zeigt, dass Korrekturen an den Aktienmärkten meistens «nur» ein Drittel so lange dauern wie die Aufschwünge. Seit dem Zweiten Weltkrieg endeten am Schweizer Aktienmarkt 24 von 72 Jahren mit einem Minus, und in nur 11 Jahren sank das reale BIP.

Die derzeitige Kumulation von Krieg, Zinserhöhungen und Konjunktur-Abschwächung trifft auch die Finanzmärkte. Im Vergleich zu früheren Krisen sind die Korrekturen vor allem an den Obligationen-Märkten bisher überdurchschnittlich ausgefallen, während die Aktienmärkte auch schon heftigere Korrekturen erlebt haben.

Viele Anleger stehen heute vor der Frage, ob sie noch verkaufen oder ihre Anlagen durchhalten sollen, selbst wenn noch weitere Verluste drohen. In inflationären Zeiten wie heute sind Aktien, Immobilien und allenfalls Gold als Notenbank-unabhängige Währung zu favorisieren, Anleihen und Bargeldbestände zu meiden.

Der Schweizer Franken bleibt die bevorzugte Anlagewährung. Die Zinsen sind noch zu wenig stark angestiegen, um bereits wieder in Festverzinsliche zu investieren. Aktienportefeuilles sollte man branchenmässig auf den nächsten Aufschwung ausrichten. Gemeint sind mittelgrosse, zyklische Substanzwerte.

Dass Aktien auf lange Sicht eine massiv bessere Performance als Festverzinsliche und sogar Immobilien gebracht haben, liegt wohl daran, dass Produktivitäts-Fortschritte und eine damit verbundene höhere Wertschöpfung vor allem bei den Unternehmen, aber weder beim Staat noch am Immobilienmarkt stattfinden. Wo Mehrwert geschaffen wird, kann auch Mehrwert in Form von steigenden Dividenden verteilt werden.

 

Finanzexperte Hans Kaufmann war Chefökonom der Bank Julius Bär und bis 2018 im Bankrat der Zürcher Kantonalbank.