In russischen Propaganda-Kanälen sind gehäuft Bilder von angeblichen ukrainischen Kriegsgefangenen zu sehen, die Oberkörper entblösst und übersät mit Tätowierungen, darunter auch Nazi-Symbole. Die Männer sollen zum Asow-Regiment gehören und haben sich in der von Russland eroberten Stadt Mariupol am Asowschen Meer kürzlich ergeben.

Nun werden sie in der «Volksrepublik Donezk» im Donbass gefangen gehalten. Dort droht ihnen ein Prozess vor einem von Moskau inszenierten «Kriegsverbrechertribunal».

Bei den wenigsten dieser Propaganda-Bilder ist aber klar, ob es sich wirklich um Mitglieder des 2014 gegründeten Asow-Regiments handelt.

Ähnliche Aufnahmen hat auch die ukrainische Propaganda schon vor Wochen in Umlauf gesetzt, damals ging es allerdings um angebliche russische Kriegsgefangene mit Nazi-Tätowierungen. Die Frage, welche Neonazis bei welcher Kriegspartei kämpfen, ist ein wichtiges Thema im Propaganda-Krieg, geht es bei der «militärischen Spezialoperation» Russlands ja angeblich um die «Entnazifizierung» der Ukraine.

Schlacht um das Asow-Stahlwerk

Ohne Zweifel hat das Asow-Regiment eine rechtsextreme Vergangenheit: Nach der russischen Invasion auf der Krim und dem von Moskau geschürten Aufstand im Donbass wurden die Asow-Kämpfer zu einem wichtigen Teil der ukrainischen Verteidigung.
Ihnen werden aus der damaligen Zeit auch schwere Kriegsverbrechen nachgesagt. Der Einfluss der Neonazis innerhalb von Asow ging aber zurück, nachdem die Einheit in die ukrainische Nationalgarde eingegliedert worden war.
Viele neurekrutierte Kämpfer hatten nichts mehr mit Rechtsextremismus am Hut.

Ausserdem bezeichnete sich der jüdische Ukrainer Nathan Chasin in einem Artikel der britischen BBC als ein Mitgründer des Asow-Regiments. Und der jüdische Oligarch Ihor Kolomoyskyj, der unter Korruptionsverdacht steht, gehörte zu den Financiers der Einheit.
Wie divers die Asow-Kämpfer sind, zeigt sich auch an der Zusammensetzung der Einheit, die in Mariupol bis zum bitteren Schluss kämpfte.

Laut der Times of Israel waren in der Schlacht um das Asow-Stahlwerk eine ganze Reihe von Juden beteiligt, was in einer echten Neonazi-Truppe wohl undenkbar wäre.
Auch wenn die Asow-Kämpfer durch ihr Ausharren in Mariupol weltweit Berühmtheit erlangten, stellt die Einheit nur einen sehr kleinen Teil an den gesamten ukrainischen Verteidigungskräften.

Immerhin gibt Kiew die Zahl der inzwischen unter Waffen stehenden Ukrainer mit rund 700.000 an. Das Asow-Regiment kommt dabei bestenfalls auf ein paar Tausend Männer und Frauen, wobei ein erheblicher Teil davon sich nun in russischer Kriegsgefangenschaft befindet.

Die Fahne des Asow-Regiments mit Wolfsangel und der Schwarzen Sonne im Hintergrund. (Quelle: Telegram)

Nazi-Symbole auf der Fahne

Nicht von der Hand weisen lässt sich jedoch der Vorwurf, dass das Asow-Regiment in seinem Emblem Nazisymbole verwendet: Da ist einmal die Wolfsangel, ein altes Symbol, das auch im Dritten Reich Anwendung fand – zum Beispiel bei verschiedenen SS-Einheiten – und das auch heute bei Neonazis verbreitet ist.

Die Asow-Kämpfer behaupten allerdings, dass ihr Zeichen keine Wolfsangel sei, sondern einfach nur aus den Buchstaben N und I für «nationale Idee» bestehe.

Das mag sein, aber hinter der Wolfsangel prangt im Asow-Emblem noch eine Schwarze Sonne, eine Kombination von drei übereinandergelegten Hakenkreuzen. Die Schwarze Sonne – ursprünglich ebenfalls ein SS-Symbol – ist heute vor allem auch bei deutschen Neonazis zum Beispiel als Tätowierung beliebt, weil sie im Gegensatz zum Hakenkreuz oder zu den SS-Runen in Deutschland nicht verboten ist.

Dass die Asow-Kämpfer ihr Emblem bis heute nicht «entnazifiziert» haben, spielt der russischen Propaganda in die Hand.
Ausserdem wirft Russland den Ukrainern vor, sie seien Anhänger der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA), die im Zweiten Weltkrieg mit der Wehrmacht kollaborierte und sich an der Vernichtung der Juden und ethnischer Polen beteiligte. Chef dieser Gruppe war der ukrainische Nationalist Stepan Bandera, der zeitweise im deutschen Konzentrationslager Sachsenhausen gefangen gehalten wurde.
Nach dem Krieg kämpfte die UPA noch eine Zeitlang gegen die Sowjets, und der sowjetische Geheimdienst KGB brachte Bandera 1959 in München um. Die russische Propaganda spricht deshalb pauschal von «Banderisten», in diesem Fall ein Synonym für «faschistische Nationalisten», wenn sie ukrainische Soldaten und Milizionäre meint.

Auch damit spielen die Ukrainer den Russen ungewollt in die Hand: An vielen Strassensperren weht neben der ukrainischen Flagge die rot-schwarze Fahne der UPA, und manche ukrainischen Kampfeinheiten benützen diese Farbkombination sogar in ihren Emblemen.

Viele Ukrainer wollen heute mit den Farben Rot und Schwarz allerdings nichts anderes ausdrücken als ihr Bekenntnis zur Unabhängigkeit der Ukraine: Rot für das für den eigenen Staat vergossene Blut und Schwarz für die dunkle, fruchtbare Erde ihres Landes.

Rechtsextremisten auf russischen Seite

Obwohl Russland die Ukraine offiziell zu «entnazifizieren» vorgibt, kämpfen auch auf russischer Seite Neonazis, und zwar schon seit der Besetzung der Krim und Teilen des Donbass im Jahr 2014.
So kam schon damals – und heute wieder – die russische Söldner-Truppe Wagner zum Einsatz. Deren Chef, Dmitri Utkin, ist ein Vertrauter von Putin und hat auf seinem Oberkörper unter anderem ein SS-Zeichen eintätowiert.

Ebenfalls seit 2014 ist auch die Neonazi-Kampftruppe Russitsch im Donbass aktiv. Diese Kämpfer sollen laut einem Papier des deutschen Bundes-Nachrichtendiensts Teil der Wagner-Gruppe sein, wie das deutsche Magazin Der Spiegel berichtet hat. Auf dem Emblem dieser Einheit ist neben dem Wort Russitsch ein sogenanntes Kolovrat abgebildet, zwei übereinandergelegte Hakenkreuze.
Der Kommandeur der Gruppe Russitsch ist der Sadist Alexei Miltschakow, ein ehemaliger russischer Fallschirmjäger. Bilder zeigen ihn in jungen Jahren, wie er einem Hundewelpen den Kopf abschneidet. Später liess sich Miltschakow mit einer Hakenkreuzfahne ablichten.

Ende Mai tauchte auf dem sozialen Medium Telegram ein Foto von ihm auf, das ihn im Tarnanzug und bewaffnet vor einem ausgebrannten Panzer zeigt, angeblich in der Ukraine. Auch ihm werden schwere Kriegsverbrechen nachgesagt.

Kämpfer der Gruppe Russitsch mit einem Emblem aus zwei übereinandergelegten Hakenkreuzen. (Quelle: Telegram)

Besonders zu Beginn der von Moskau abhängigen «Volksrepubliken» im Donbass waren Rechtsextremisten keine Seltenheit. Danach kam eine Zeit, in der diese Leute Russland eher lästig wurden. Der eine oder andere wurde dann auch beseitigt.

Nun scheint es, als ob der Personalmangel in der russischen Armee Moskau dazu gezwungen habe, vermehrt auf Söldner abzustellen, unter ihnen auch Neonazis.

Aber wie im Fall der ukrainischen Rechtsextremisten handelt es sich dabei um eine kleine Minderheit, die nicht repräsentativ ist für das Gros der auf beiden Seiten kämpfenden Soldaten.

Die 3 Top-Kommentare zu "Wo Neonazis kämpfen: Im Ukraine-Krieg sind auch Rechtsextremisten aktiv – und zwar auf beiden Seiten der Front"
  • Sabine Schönfelder

    Nie war die Welt l i n k e r als JETZT. Globalisten streben eine sozialistische Gleichschaltung aller Menschen durch Stakeholder-Kapitalismus an. Keiner besitzt was. Eine selbst ernannten Elite ALLES. Globalisten wollen sich absolutistisch-diktatorisch mit propagandistischer Schamlosigkeit unter Verwendung der Dümmsten und Käuflichsten unserer Spezies an die Macht spülen. Und Sie? Sie suchen nach NAZI-Symbolen eines längst gescheiterten Faschismus, während sich vor Ihren Augen ein NEUER AUFBAUT.

  • kostas

    Die Nazibataglione der Ukraine koennen nicht mehr unter dem Teppich gekehrt werden. Als Ausgleich erfindet man russische Nazis. Das Narativ zerfaellt in allen Teilen.

  • elsa

    Sehr geehrter Herr Pelda ihre Ausführungen sind für mich nicht glaubwürdig. Das bei der Krim war nach UNO Charta eine Sezession und keine Annexion! Man kann alles suggestiv unterschwellig umdeuten !