Die Debatte über die AHV-Reform nimmt bizarrere Züge an: Alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP), mit einer Rente von mehr als 200.000 Franken im Jahr bestens versorgt, forderte kürzlich die Frauen auf, sie sollen doch bitte etwas mehr arbeiten, damit sie eine anständige Pension bekämen.

Ex-Nationalrat und SP-Vordenker Rudolf Strahm geht jetzt in der NZZ am Sonntag auf seine eigenen Parteikollegen los: Die geplante Mehrwertsteuererhöhung, über die das Volk am 25. September abstimmt, sei «nicht so unsozial, auch wenn sie von populistischen Linken und im Welschland madig gemacht wird».

Und überhaupt: Wer einen 100-Franken-Einkauf tätige, zahle mit den geplanten 0,4 Mehrwertsteuer-Prozent bloss 40 Rappen mehr.

Beim 100-Franken-Lebensmitteleinkauf seien es nur 10 Rappen mehr, so der Berner Ökonom. Er schimpft: «Ich bin ungeheuer irritiert und zornig, dass jetzt gewisse Linke die Mehrwertsteuer-Finanzierung aus kurzfristigem Abstimmungskalkül schlechtreden.»

Der 79-jährige ehemalige Preisüberwacher kann das locker sagen: Der Berner verfügt mit Sicherheit über ein anständiges Ruhegehalt. Selbstverständlich sei ihm das gegönnt.

Doch es gibt viele Menschen in diesem Land, die wegen der steigenden Preise von Nahrungsmitteln, Energie oder Krankenkassen finanziell immer stärker unter Druck geraten.

Für sie kommt es darauf an, ob jeder ihrer Einkäufe wegen dieser Mehrwertsteuererhöhung künftig nochmals etwas kostspieliger wird oder nicht.

Statt dies zu bagatellisieren, wäre es gescheiter, diese Sorgen ernst zu nehmen.

Die Frage, ob jetzt der richtige Moment ist, die Sachen noch künstlich teurer zu machen, ist deshalb nicht nur aus einer linken Optik legitim.