Fussyduck (Robin Antunes, Florian Weiss, Guillaume Guedin, Leandro Irarragorri, Daisy George, Baptiste Dolt): Maybe That’s All We Get. Double Moon Records DMCHR 71398

Was meint der Name dieser Band, Fussyduck? Es gab mal die britische Rockband Fuzzy Duck, aber auf die kann sich die Musik dieses jungen, eigenwilligen Jazz-Sextetts nicht beziehen. Die Anspielung, verrät mir Posaunist Florian Weiss, meine vielmehr ein Trinkspiel, und das kam so: 2017 fanden sich anlässlich eines Treffens der International Association of Schools of Jazz in Siena zwei junge Musiker aus Paris (der Geiger Robin Antunes und der Altsaxofonist/Klarinettist Guillaume Guedin), zwei aus der Schweiz (der Berner Florian Weiss und der Pianist Leandro Irarragorri, als Sohn eines kubanischen Vaters in Zürich aufgewachsen und ausgebildet) sowie die Bassistin Daisy George aus London in einer Workshop-Band, die sich auf Anhieb verstand und während einer Woche immer kompakter zusammenspielte (der Drummer Baptiste Dolt, Franzose auch er, kam später dazu). Beim Warten aufs Essen verkürzte sich die Truppe mit dem genannten Trinkritual die Zeit. «Wir sind ein bunter Haufen, der sich menschlich gut versteht, und deshalb passen wir auch musikalisch gut zusammen. Alle bringen ihre Eigenständigkeit ins Kollektiv mit ein», sagt Weiss.

Die internationale Band ist ein Haus der Temperamente. Allein: Die Vielstimmigkeit mündet immer im sehr speziellen Einklang. Die Ausgelassenheit, die Spielfreude, die der weinselige Name suggeriert, ist nur ein Pol; ein anderer grosse Nachdenklichkeit und formales Raffinement – in den Kompositionen, emotional melodiösen, harmonisch dicht geschichteten Klängen, und in der gegenseitigen Durchdringung von ausgeschriebenen und improvisierten Teilen. Das mag gelegentlich an die Combos von George Russell (mit u. a. Eric Dolphy) erinnern. Guedin, ein Altist von intensiver Eindringlichkeit und scharfem musikalischem Gestus, schrieb zwei der Stücke. Zwei sind von Daisy George, je eines vom empathisch warm erzählerischen Trombonisten Weiss und vom entfesselten Violinisten Antunes. Das emotionale Gravitationszentrum der CD ist allerdings Guedins Arrangement von zwei (zusammengezogenen) Piecen des legendären Lennie Tristano: dessen tiefgründigem Herzschlag-Blues «Requiem for Charlie Parker» und einem ausgelassenen «Mambo». Heben wir das Glas auf das Debüt einer tollen Band, der wir wünschen, die Zukunft widerlege den Titel ihres Opus eins: «Maybe That’s All We Get».