Fünfzehn Mal mehr Helligkeit bei vier Mal geringerem Gewicht und einem Stromverbrauch, der um 30 Prozent unter dem der Konkurrenz liegt. «Her damit!», denkt man sogleich, super Licht, sofort produzieren, für alle! Der 44-jährige Yann Tissot ist dran, aber so zackig geht es nicht. Seine Firma Less in Renens wurde jetzt gerade zehnjährig, und Tissot, Gründer, CEO und Verwaltungsratspräsident, sagt: «Ich neige nicht zu Selbstzufriedenheit, aber wer hätte seinerzeit gedacht, dass wir nach zehn Jahren in diesem sehr wettbewerbsintensiven Bereich immer noch im Geschäft sein würden?»

Der Aufbau eines Unternehmens von Grund auf werde oft als Spass dargestellt, aber es sei zunächst ein unglaublicher Weg mit Höhen und Tiefen. «Es gab so viele Gründe für ein mögliches Scheitern, dass ich jeden einzelnen unserer Schritte als Mini-Erfolg betrachte.» Zum Beispiel, eine Idee zu haben, ein Geschäft daraus zu machen, damit profitabel zu sein und «unsere Fasern auf einem ersten Auto zu sehen».

Helligkeit und Effizienz

Fasern auf einem Auto? Was macht Less? Der Name steht für light efficient systems, und die Produktpalette umfasst Beleuchtungslösungen, die, wie oben gesagt, x-mal effizienter sein sollen als die heutige LED-Technologie. Vereinfacht gesagt: eine Art Lichtwunder, ultradünne nanoaktive Fasern, durch die Laserlicht strahlt, Leuchtfäden, so dünn wie Haare, brillanter als Lämpchen. Fasern auf dem Auto: neue Spielarten von Beleuchtungsformen, Lichtdesign, quasi optischen Kicks am Fahrzeug.

Warum eigentlich das Auto, dieses umkämpfte Geschäftsfeld? Tissot erklärt: «Wir wollten den Markt für Displays aufmischen und landeten schliesslich bei der Ausstattung von Automobilen, was wir als unglaubliche Chance sehen.» Enorme Stückzahlen locken. «Klar, zuerst begannen wir unser Geschäft in unserer Nähe, mit Uhrmachern als Kunden, die eine sehr gleichmässige Lichtquelle zur Verbesserung ihrer Qualitätskontrolle benötigten.» Ähnlich in der Pharma- und Elektronikindustrie: Licht von höchster Präzision im Dienste der Fehlerentdeckung.

Tissot begann seine Karriere zuerst bei anderen Firmen, nach Studium und Doktorarbeit an der ETH Lausanne unter anderem bei Oerlikon Space. Wie kam er überhaupt auf die Idee mit dem neuen Licht? «Ich pendelte seinerzeit regelmässig mit dem Zug zwischen Zürich und Lausanne», sagt er. In den Zügen gab es damals noch kaum Stromstecker fürs Laden der Laptops. «Und bei mir reichte eine Akkuladung nie für die zweistündige Fahrt.» Ärgerlich. Tissot sann auf Abhilfe und fand heraus, dass die LED-Hintergrundbeleuchtung des Bildschirms mehr als 50 Prozent des Stromverbrauchs seines Laptops beanspruchte. «Ich dachte, wir könnten das irgendwie besser machen.»

Er hatte damals mit Kunden zu tun, die an LED-Beleuchtungen interessiert, aber mit Qualität und Gleichmässigkeit dieses Lichts unzufrieden waren. Der grosse Wunsch war: Gleichmässigkeit, Helligkeit und Effizienz in kompakter Bauweise. Tissot sah seine Chance, besann sich auf seine ETH-Zeit: «Ich verband diese Themen mit den Nebenforschungen aus meiner vorherigen Doktorarbeit in Photonik, kündigte meinen Job, beantragte ein Stipendium bei der ETH Lausanne und beeilte mich, einen proof of concept dieses neuen photonischen Lichts zu realisieren, das auf einer nanoaktiven optischen Faser beruhte.»

Grossartiger Standort

Das Projekt kam voran, es gab mehrere Finan-zierungsrunden, auch etliche Jungunternehmer- und Innovationspreise. «Bald tätigten wir die ersten Investitionen für die Industrialisierung unseres Herstellungsverfahrens für grössere Produktionsmengen. Und jetzt hat sich unser Unternehmen vom Start-up zu einem schnell wachsenden KMU gewandelt», meint Tissot. Die Firma kommt mit rund vierzig Beschäftigten auf einen siebenstelligen Jahresumsatz.

Operativ sei man nun bereit, die höheren Volumenanforderungen der Autohersteller an ultradünne, ultrahelle und leichte Lichtquellen zu erfüllen. Und alle wichtigen Qualitäts- und Produktzertifizierungen seien nun vorhanden, «was unsere langfristigen Kunden beruhigt hat», fügt er an. Sind denn Industriekunden risikoscheu? Tissot: «Es ist schon so: Jeder will Innovation, aber niemand will sich verändern.»

Was würde er jungen Leuten empfehlen, die im Hightech-Sektor den Erfolg suchen? An eine ETH gehen? Oder in die USA? «Ein guter Unternehmer findet seinen eigenen Weg, ob in der Schweiz oder in den USA. Aber die Schweiz ist ein grossartiger Ort, um ein Hightech-Unternehmen zu gründen, denn hier gibt es Spitzenuniversitäten, umfangreiche akademische Unterstützung und viel Startkapital.»

 

 «Belastbarkeit und Leidenschaft»: Präsident Hirzel. 

Martin Hirzel, 52, ist Präsident von Swissmem, dem Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrieverband. Über Yann Tissot sagt er: «Unternehmertum ist eine Geisteshaltung. Sie umfasst den Mut, Risiken einzugehen. Das ist ein Charakterzug von Yann Tissot. Er hat in zehn Jahren sein Start-up zu einem Industrieunternehmen aufgebaut. Dabei hat er Belastbarkeit und Leidenschaft vereint. Sein Mut und seine harte Arbeit zeigen: In der Schweiz kann man Hightech-Unternehmen gründen und zum Erfolg führen.»