Eigentlich wollte ich diese Woche dem lieben Gott schreiben. Die Redaktionsleitung meinte, ich solle ihn mal fragen, warum er uns dauernd strafe, mit Krieg, Covid, Klimawandel, Inflation und religiösen Fanatikern, die die Frauen unterdrücken. Nun muss der Herrgott halt noch warten, denn es gibt Wichtigeres zu kommentieren.

Diese Woche wurdest du mit dem Zürcher Journalistenpreis für dein Gesamtwerk geehrt. Das ist eine grosse Sache. Wobei es immer verdächtig ist, wenn man von den lieben Kollegen – endlich – gelobt wird. Es kann auch bedeuten, dass man den Preisträger nicht mehr für gefährlich hält.

Dir hat man ja den Erfolg als Medienpionier nie verziehen. Man hielt diesen Radio- und TV-Piraten, diesen aggressiven Interviewer fast für etwas Unschweizerisches, so mancher Kollege hat dich ins Pfefferland gewünscht. Nun, wo du gegen die achtzig gehst, schwindet die Kritik, und die Ehrungen werden zunehmen, das ist leicht vorauszusagen, denn es wird schwierig, würdige Preisträger von deinem Format zu finden.

Ich selbst bin dir ein bisschen dankbar. Denn diese Kolumne gäbe es ohne dich nicht. Ja, auch das war deine Idee! Du schriebst in der Weltwoche einen griffigen Brief an eine bekannte Persönlichkeit. Dann wurdest du nach Deutschland gerufen, der damalige Chefredaktor überraschte mich mit der Frage, ob ich die Nachfolge antreten möchte. Ich antwortete: «Ich überlege es mir mal.»

Denkste! Er meinte, die erste Kolumne müsse er heute Nachmittag erhalten. Also schrieb ich.

Es gibt ein kleines Erlebnis, das dich am besten charakterisiert: Bei einer Reise von befreundeten Journalisten nach New York gingst du morgens mit einem Kollegen joggen. Der andere hielt nach einem Kilometer an, um jemanden zu begrüssen. Du ranntest weiter, hast wohl gedacht, den habest du gut abgehängt.

Typisch Schawi: läuft und läuft und läuft. Wir freuen uns auf deine nächsten Schritte.

Mit freundlichen Grüssen

Peter Rothenbühler