Bei dem Thema besteht offensichtlich Erklärungsbedarf. Zum Gynäkologen zu gehen, sagt Hazel Brugger, sei ähnlich wie zum Zahnarzt zu gehen. Bloss dass der Fokus nicht auf das Gesicht gerichtet sei. «Wenn dem nicht so ist, sollten Sie den Arzt wechseln. Ich meine den Zahnarzt.» Der Gynäkologe hat es der Komikerin angetan: «Das ist ein Beruf, in den man reinrutscht.»

Hazel Brugger, 25, galt lange als Wunderkind des Schweizer Humors. Ihre Standardrolle war jene des Depro-Teenies, der mit ernster Miene Dinge sagte wie «Lächeln ist eklig» oder bei «Giacobbo/Müller» einen Text vorlas mit dem Titel: «Bevor man gezeugt wird, ist das Leben noch in Ordnung». Die Schweiz wurde der Zürcher Unterländerin schon bald zu klein, vor einigen Jahren wurde sie ins Team der erfolgreichen ZDF-Satiresendung «Heute-Show» aufgenommen, wo sie an Parteitagen mit dem Mikrofon herumläuft und deutsche Politgrössen veräppelt. Eine junge Schweizerin, die in Deutschland gestandene Politiker in Verlegenheit zu bringen vermag, das blieb nicht unbemerkt: Jurymitglieder und Journalisten – fast allesamt männlichen Geschlechts – lagen dem Supertalent zu Füssen. Anfang zwanzig hatte Hazel Brugger schon alle Preise gewonnen, die man in der Humorbranche gewinnen kann, in jeder grösseren Zeitung erschienen seitenlange, bewundernde Porträts.

Faust im Gesicht

Wer früh so hoch steigt, kann tief fallen. Brugger blieb oben. Vor zwei Wochen startete sie mit ihrem neuen Bühnenprogramm, und fast alle Vorstellungen im nächsten halben Jahr sind bereits ausverkauft, auch jene in Deutschland.

Wenn man die Vorstellung gesehen hat, muss man sagen: Kein Wunder, wollen das alle sehen!

Hazel Bruggers Humor ist aus der Düsternis herausgekommen; den Titel «Die böseste Frau der Schweiz» (Tages-Anzeiger) bringt sie zwar nicht mehr los, passend ist er aber schon lange nicht mehr. Die Komikerin gibt sich auf der Bühne freundlich, lächelt oft und wirkt dabei so souverän, als würde sie seit Jahrzehnten nichts anderes machen, als alleine einen ganzen Saal zu unterhalten. «Ich sehe gerade so gut aus, dass die Männer noch gerne zu mir kommen, es ihre Freundinnen ihnen aber nicht verbieten», sagt sie in ihrem militärgrünen Schlabber-T-Shirt und den weissen Turnschuhen.

Wenn sie doch einmal böse ist, dann auf liebenswürdige Art: «Geschwister sind Übungsmenschen für richtige Menschen. Wie weit kannst du gehen, bis du eine Faust im Gesicht hast?», sagt sie. Oder: «Ein Date mit dem Papst? Dafür bin ich zwanzig Jahre zu alt und habe das falsche Geschlecht.»

Doch es sind nicht solche Sprüche, die Brugger ausmachen. Wie kaum jemand anders vermag sie aufzuzeigen, wie absurd die menschliche Existenz an sich ist. In ihrem Youtube-Projekt «Deutschland, was geht?» besucht sie das ganze Jahr über «die 52 verrücktesten Orte in Deutschland». Darunter waren bisher eine Brieftaubenmesse in Dortmund, ein Lakritzfachgeschäft in Berlin oder eine Esoterikmesse in Mannheim. Brugger macht sich über die Menschen dort aber keineswegs lustig, im Gegenteil: Die Komikerin begegnet den Quacksalbern mit ihren eigenartigen Heil- und Hellsehmethoden höchst respektvoll. Als wollte sie sagen: Wir sollten alle froh sein um diese Leute, ohne sie wäre das Leben um einiges langweiliger.

Der Absurdität des Lebens begegnet Brugger nicht nur an verrückten Orten und Veranstaltungen. Sondern überall. Und in allen möglichen Situationen. Zum Beispiel beim Geschlechtsverkehr. Im letzten Programm erzählte Brugger noch von der «verbalen Verhütung»: wie man mit einem deplatzierten Satz zur richtigen Zeit die Mutterschaft verhindern kann. Im neuen Programm lässt sie sich eine Spirale einsetzen, genauer: eine Kupferspirale. Wie die funktioniere, wisse sie nicht, wahrscheinlich habe man bei onanierenden Jungs auf dem Kirchturmdach festgestellt, dass Kupfer die Spermien in die Flucht schlage. Auf die Spirale kommt sie an dem Abend immer wieder zurück: An dem Verhütungsmittel hängt ein langes Kupferschnürchen, das ihr das Leben schwermacht, zum Beispiel, wenn es sich beim Fahrradfahren in den Speichen verheddert.

Meisterin im Improvisieren

Als man denkt, der kurzweilige Abend sei fertig, fordert Brugger das Publikum dazu auf, ihr Fragen zu stellen. Weshalb das Programm «Tropical» heisse, fragt jemand. Sie antwortet, sie wisse es auch nicht, wahrscheinlich, weil das ihrem gefühlten Zustand entspreche: «Man könnte jetzt ein Wortspiel machen wie: ‹Die Tropen sind heiss und feucht› – aber das finde ich blöd.» Eine deutsche Zuschauerin fragt die Wahlkölnerin Brugger, wie ihr der Kölner Karneval gefalle. Die Komikerin antwortet, sie trinke eigentlich nie Alkohol. «Aber wenn ich um elf Uhr schon zwei Caipirinhas trinke wie am Kölner Karneval, dann bin ich um zwölf Uhr mittags nackt. Also zu Hause, weil ich gekotzt habe und duschen muss.»

Brugger läuft in der Improvisation zu Hochform auf, liefert eine Pointe nach der anderen. Und man fragt sich: Weshalb nur hat sie sich die Mühe gemacht, ein abendfüllendes Programm zu schreiben, wo sie doch unvorbereitet so richtig aufblüht?

 

Hazel Brugger: Tropical.
Tourneeplan auf www.hazelbrugger.com