Deutschland fuhr damals, 1973, Ford Capri oder den Opel Commodore, den BMW 2002, den Mercedes Benz W 116, den VW Käfer, und jene, die auffallen wollten und die schönsten Ladys auf dem Beifahrersitz, fuhren den Alfa Romeo GTV 2000 oder den Porsche 911 S; und dann waren da noch all die letzten Hippiefreaks mit ihren Bullis auf ihrer Fahrt zur Erlösung.

Es gab noch keine Gurtenpflicht, auf der Hinterbank lagen Kissen mit eingesticktem Kennzeichen und Toilettenpapier in gehäkeltem Schutzmantel.

Dann kam der Erdölschock, die Saudis drehten den Hahn zu, und Ende November fuhr vier Sonntage auf Deutschlands Strassen gar nichts mehr. Plötzlich war Krise, Opec-Krise, die Saudis hatten den Ölhahn zugedreht, keine freie Fahrt für freie Bürger mehr, Scheisse.

Deutschland, sein Bundestag, beschloss wie immer zuerst sofort ein Gesetz, das «Energiesicherungsgesetz», und führte unverzüglich Tempolimiten ein, 80 auf Land- und Bundesstrassen, 100 auf Autobahnen, später dann das sonntägliche Fahrverbot unter Androhung von Bussen, 80 Deutsche Mark beim ersten, 500 beim zweiten Mal: «The fun has gone» in jenem Spätherbst.

Geschichte wiederholt sich, nur die Jahreszeit ändert sich; die Grünen, fordern kann man noch nicht sagen, denken angesichts der aus bekannten Gründen gerade einsetzenden «Energieknappheit» laut darüber nach, wiederum autofreie Sonntage einzuführen, um den Benzinverbrauch zu reduzieren.

Das ist wirklich süss, so naiv wie eine Oma, die sagt, «ich trinke eine Woche keinen Eierlikör, weil auf der Welt so viele Hühner an einer Krankheit gestorben sind».

Natürlich haben die autofreien Sonntage vor fast fünfzig Jahren die Treibstofftanks Deutschlands auch nicht wieder voll gemacht.

Irgendwie geil war es trotzdem, weil Deutschland an diesen Sonntagen nicht auf dem Sofa sass und übelnahm, in seinen am Samstag geputzten Karren Grossmutti besuchen fuhr oder in irgendwelchen Ausflugslokalen Braten mit brauner Sosse in sich stopfte, sondern auf den Autobahnen spazieren ging.

Es war ein erstaunliches Bild, weil jene, die sich sonst – wie üblich auf deutschen Autobahnen – über den andern ärgern, weil er zu schnell oder zu langsam oder einfach beschissen fuhr, einträchtig mit gutem Schuhwerk und Wanderhütchen und aus lauter Gewohnheit dann auch ein wenig in Reih und Glied zusammen spazierten.

Das Eindrücklichste aber und ein Grund, weshalb man zumindest einen Sonntag lang nochmals nicht fahren dürfen sollte, war die Ruhe, die sich über den Tag und die Nacht legte, man hörte Gott atmen, kein Donnern, kein Rasen, kein Rauschen, kein Hupen und so weiter.

Ein Tag ohne die Hektik der Mobilität; die Welt würd’s nicht retten, aber es wär doch ein Tag, an dem der Mensch eine Raststätte finden würde.