Was nun? Welches Russland darf es sein?

Ausgeblutet, ausgepumpt, wirtschaftlich am Boden, dezimiert um Hunderttausende Soldaten?

Oder waffenstarrendes Raubtier, bereit, Balten, Polen, die Nato anzugreifen?

Seit Beginn des Ukraine-Krieges geistern beide Bilder durch die Debatte. Komisch: Dieselben Leute tragen die widersprüchlichen Ansichten vor. Beide im Brustton der Überzeugung. Es sind ja Experten.

Seit der Ukraine eine militärische Niederlage ins Gesicht starrt, hat Variante eins Konjunktur. Nächstes Jahr schlagen die Sanktionen durch, wird Russland in den Seilen hängen. Und zeigt die Rekrutierung nordkoreanischer Soldaten nicht, wie ausgeblutet die Armee schon ist?

Wenn das stimmt, müssen wir uns keine Sorgen machen. So ein ausgepowertes Land stellt weiss Gott keine Bedrohung für die grösste Militär-Allianz der Geschichte dar, die jetzt schon mehr für Rüstung ausgibt als der Rest der Welt zusammen.

Also. Welches Russland darf es sein?

Vielleicht jenes, das es schon immer gab. Ein Land, das sich um seine Sicherheit sorgt und sie mit einem internationalen Abkommen schützen will. Ein Land, das keine aggressive Nato an der Haustür wünscht. Ein Land, das seinen eigenen Weg gehen will, unbelästigt von fremden Ratschlägen.

Das ist es, was Russland wollte. Das ist es, was Russland ist. Das ist das Land, mit dem der Westen leben muss.