Ende März berichteten wir bei der Weltwoche über Tarik J., einen abgelehnten Asylbewerber aus Marokko, der seit neun Jahren die Stadt Apolda terrorisiert. Nun ist der Mann tatsächlich abgeschoben worden. Als Erfolg kann man das angesichts des staatlichen Versagens, das sich bei diesem und vielen anderen Fällen dieser Art offenbart, jedoch nicht bezeichnen.

Schon vor rund zwanzig Jahren kam Tarik J., wie die Welt berichtet, nach Europa, lebte zunächst unter zwei verschiedenen Namen acht Jahre in Italien. Hier wurde er erstmals straffällig. Drogenschmuggel, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, schwerer Diebstahl, Bedrohung, mutwillige Sachbeschädigung, Hehlerei.

Als ihm die Behörden in Italien zu sehr auf die Pelle rücken, reist er 2014 über die Schweiz nach Deutschland ein. Er gibt sich als Palästinenser aus. Seine Ausweispapiere hätte er, wie so viele, auf der Reise verloren. Sein Asylantrag wird abgelehnt. Er klagt gegen den Bescheid und scheitert. Im April 2015 wird er nach Italien abgeschoben.

Vier Tage später ist er mit neuem Namen wieder in Deutschland. Er wird dem Landkreis Weimarer Land zugewiesen. Nun beginnt seine kriminelle Karriere in Deutschland. Zu seinen Straftaten zählen die unerlaubte Einreise nach Abschiebung, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Polizisten, Beleidigungen. Im November 2016 wird er schliesslich zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die er in einer Jugendhaftanstalt absitzt, da J. behauptet, 27 Jahre alt zu sein. In Wahrheit ist er jedoch zu diesem Zeitpunkt schon 35. Zudem verwendet er wieder einen neuen Namen, den er auch schon in Italien genutzt hat. Er heisst jetzt Ahmed Fahrhan. Das palästinensische Konsulat stellt jedoch fest, dass der Mann kein Palästinenser ist. 2017 wird er aus der Haft entlassen.

Der Marokkaner begeht munter weiter Straftaten und wird schliesslich wieder zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, kommt jedoch 2022 aufgrund eines Verfahrensfehlers wieder frei.

2019 wird Tarik J. Vater, was eine Abschiebung des Intensivtäters weiter erschwert. Denn: Die Mutter des Kindes ist deutsche Staatsbürgerin. Das Kind bekommt dadurch ebenso den deutschen Pass. Ein solches Kind ist ein Anker für Männer wie Tarik J. Abschiebungen von Vätern deutscher Kinder finden so gut wie nicht statt.

Doch das «schwerwiegende Bleibeinteresse» entfällt, weil Tarik J. auch Probleme mit der Familie seiner Kindesmutter hat und schliesslich sogar ein Annäherungsverbot gegen ihn erwirkt wird.

Vor kurzem stellte Marokko endlich Passersatzpapiere für J. aus. Nach zehn Jahren in Deutschland konnte der Marokkaner mit drei Identitäten und unzähligen Straftaten endlich abgeschoben werden.

Man könnte sich über eine solche Meldung freuen, wenn man nicht wüsste, dass es noch unzählige andere Männer in Deutschland wie Tarik J. gibt. Wenn man nicht wüsste, dass das alles ein Tropfen auf dem heissen Stein ist.

Was hat dieser Mann, der nach eigenen Angaben «einfach so» nach Europa gereist ist, diesen Staat an Ressourcen gekostet, und welche Kraft mussten Behörden und Politik aufwenden, um ihn wieder loszuwerden?

Letztlich zeigt sich an Fällen wie Tarik J. die gesamte Dysfunktionalität des deutschen Asylsystems wie unter einem Brennglas und wie unbedingt nötig es wäre, Menschen bereits an den Grenzen abzuweisen. Eine Kontrolle darüber, wer hier eigentlich ins Land kommt, das zeigt der Fall deutlich, gibt es jedenfalls schon lange nicht mehr.