Russland ist nicht dabei. China und Brasilien glänzen voraussichtlich durch Abwesenheit, zumindest auf höchster Ebene. Und jetzt auch noch das: Wichtige internationale Organisationen zeigen Bundespräsidentin Viola Amherd die kalte Schulter.

Fest steht: Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bleibt der sogenannten Konferenz zum Frieden auf dem Bürgenstock fern. Die Hilfsorganisation pochte darauf, nicht einmal eingeladen zu werden, wie Le Temps am Freitag berichtete. Die Teilnahme an einer Konferenz, an der Russland nicht teilnimmt, hätte das IKRK in die Bredouille gebracht. Das wollte man verhindern, um nicht noch «mehr unter Druck von Moskau» zu geraten. 

Mehr Glück hat Amherd mit dem Europarat, auch bekannt als Hüterin der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Die kroatische Europaratsgeneralsekretärin Marija Pejčinović Burić wird auf den Bürgenstock anreisen, wie die Pressestelle des Rats gegenüber der Weltwoche bestätigt.

Eine Teilnahme, die wiederum bezeichnend ist. Denn eine Annäherung an den Frieden wird damit kaum begünstigt. War es doch just diese Organisation, die sich zuletzt einseitig zu Gunsten Kiews hat einspannen lassen. 2022 schloss der Europarat gar Russland aus.

Umgekehrt schenkt das IKRK dem Anlass offenbar nur wenig Bedeutung. Es sieht in der Bürgenstock-Konferenz scheinbar keinen Nutzen. Einiges spricht dafür, dass dies auch für die Uno gilt. Bis jetzt wartet Bern vergeblich auf eine Zusage von Uno-Generalsekretär António Guterres.

Heisst so viel wie: Organisationen, die in Sachen Friedensvermittlung und Diplomatie viel Erfahrung mitbringen, zeigen wenig Begeisterung.  Gerade für das IKRK sind Unparteilichkeit und Neutralität unverrückbare Prinzipien – dank ihnen ist Vermittlungsarbeit möglich. Das wissen selbst Neutralitätskritiker. Etwa der Ex-FDP-Ständerat und einstige Präsident des Schweizerischen Roten Kreuzes René Rhinow.

«Das Rote Kreuz ist und muss neutral bleiben, um allen Bedürftigen und Verwundeten (…) zu helfen», sagte er am vergangenen Mittwoch zur Rolle des IKRK im Rahmen einer Pressekonferenz, an der er sich für eine «Neutralität für das 21. Jahrhundert» stark machte. Gemeinsam mit weiteren Mitstreitern fordert er den Bundesrat auf, noch enger mit Nato-Staaten zu kooperieren (die Weltwoche berichtete).

Die Absenz des IKRK ist symptomatisch. Die Bürgenstock-Konferenz wird mehr und mehr zum Fiasko. Die grosse Mehrheit der eher neutralen Organisationen zeigt wenig bis kein Interesse. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat bisher öffentlich nicht bestätigt, ob sie hochrangige Vertreter in die Schweiz schicken wird. Auf Nachfrage der Weltwoche mauert die Organisation.

An dem Mitte Juni stattfindenden Treffen in Nidwalden wird von Schweizer Seite neben Wehrministerin Amherd auch Aussenminister Ignazio Cassis anwesend sein. Schweizer Politiker sind nicht eingeladen.

Derweil macht bereits das Schlusscommuniqué die Runde. Dieses übernimmt in fast allen Punkten die sogenannte Friedensformel von Wolodymyr Selenskyj. Wer wundert sich da eigentlich noch, dass in wenigen Wochen oberhalb des Vierwaldstättersees hauptsächlich Vertreter von Nato-Staaten über die Ukraine diskutieren werden? Bern sägt weiter kräftig an der Neutralität, diesem einst stolzen Grundpfeiler Schweizerischer Aussenpolitik.