Auf den ersten Blick sieht die Zahl fast beruhigend aus: Die USA melden für September eine Inflation von 8,2 Prozent, dies nach 8,3 Prozent im August. Im Juni hatte sie noch 9,1 Prozent ausgemacht, seither geht es die Treppe runter.

Aber so toll ist das nicht.

Die jüngste Reduktion ist nicht so stark, wie man es an den Märkten erwartet hat. Und die Entspannung vom September hängt einfach mit dem etwas gemässigten Preiswahnsinn bei Energie zusammen.

Die sogenannte Kern-Inflation dagegen, die den wilden Teil mit Energie- und Saisongütern ausser Acht lässt, zeigt nach oben. Die Kosten fürs Alltagsleben sind am Steigen.

Keine Entwarnung.

Aus Schweizer Sicht erst recht nicht, wenn man Deutschland auch noch anschaut, das jetzt für September 10 Prozent Inflation meldet – dies nach 7,9 Prozent im August.

Der deutsche Preissprung erfolgte, nachdem Preisdeckel wie Tank-Rabatt und Extrem-Verbilligung von Bahnfahrten ausgelaufen sind. Die Realität meldet sich zurück.

Was heisst das für die Schweiz, deren Inflation jüngst auf 3,3 Prozent zurückgegangen ist?

Es sieht nicht so schlecht aus, wenn die Energiepreise eher wieder sinken, denn sie sind ja das Einfallstor für den Inflationsimport.

Aber es stellt sich eine viel brisantere Frage: Will man da die Inflation wirklich total energisch bekämpfen?

Erstens: In der Euro-Zone liegt der wichtige geldpolitische Zins noch bei null Prozent. Null Energie bei EZB-Chefin Christine Lagarde.

Zweitens: EU-Präsidentin Ursula von der Leyen hat sich selber und ihren Bürokraten soeben 7 Prozent Lohnerhöhung genehmigt. Damit setzt sie die Lohn-Preis-Spirale in Gang. Inflation als super Chance fürs Abzocken, kommt, greift zu! Party time! Ein Hoch auf die Inflation!

Jede Gewerkschaft, die etwas auf sich hält, muss jetzt von der Leyen nachmachen. Wenn schon die Chefin so gierig ist …

Drittens: Inflation ist für Regierungen eine erstklassige Gelegenheit, die Staatsschulden abzuwerten. 10 Prozent Inflation heisst bei 2 Prozent Zins real 8 Prozent weniger Schulden in einem Jahr. Super Ventil, für EU wie für USA. Irgendwann muss ja jemand die Zeche für die haltlose Geldpolitik bezahlen.

Wie läuft das jetzt? Da wird der Fiskus dem Notenbankchef ins Ohr flüstern, wie es laufen soll. Eines ist klar: Es läuft nicht für unser Geld.