Seit mehr als vierzig Jahren flattern in die Haushalte der stimmberechtigten Schweizer Bürger zusammen mit dem Abstimmungs-Material die «Erläuterungen des Bundesrates» zu den einzelnen Vorlagen – das rote sogenannte Abstimmungsbüchlein.

Nun sollte man hoffen und glauben, dieses sei einigermassen neutral gestaltet und belasse den Stimmbürgern die Möglichkeit, in aller Sachlichkeit die Vor- und Nachteile abzuwägen und so zu einem Ja oder Nein zu kommen. Schliesslich ist die Demokratie die Staatsform der Alternativen: Es müssen immer beide Varianten möglich sein und dann von den Behörden auch durchgesetzt werden.

Von wegen! Bei der Volksinitiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» vom kommenden 9. Juni steht der Text unter dem Nein von Bundesrat und Parlament im Indikativ (Wirklichkeitsform), der Text fürs Ja beziehungsweise für die Absicht der Initianten im Konjunktiv (Möglichkeitsform).

Die Tätigkeitswörter, die der ablehnende Bundesrat für sich selber beansprucht, lauten darum «ist», «darf» und «sind». Beim Ja der Initianten lauten die Tätigkeitswörter aber «sei», «sei», «könne» und «sei».

Man braucht kein Sprachgelehrter zu sein, um hier die mehr oder weniger subtile behördliche Einflussnahme herauszuspüren. «Wenn deine Absicht rein ist, kannst du auf dem Meer laufen», lautet ein Sprichwort. Wenn das wahr würde, müsste ein erheblicher Teil unseres Bundespersonals ziemlich heftig schwimmen.