Es hätte der Skandal des Jahres werden können: Am 31. Dezember 2021 um die Mittagszeit veröffentlicht der Nebelspalter eine Recherche um ein geleaktes Video, das belegt, wie Ringier-CEO Marc Walder allen Redaktionen eine regierungstreue Covid-Berichterstattung anordnet.

Er selbst kommt zu Wort und bittet den im Zoom-Call Beteiligten um Diskretion, als er in einem Seelenstriptease-artigen Moment zugibt, dass seine Blick-Gruppe die Regierung noch härter drannehmen könnte, aber es nicht tut. Er wolle ja keinen Keil zwischen Regierung und Bevölkerung treiben. Er nähme seine Verantwortung wahr.

Alle Verschwörungs-Theoretiker gerieten in Ekstase. Eine stärkere Bestätigung zu den Vorwürfen um Blicks Regierungstreue wird es wohl kaum geben. Die Telegram-Kanäle, halb Twitter und Facebook teilten den Beitrag des Nebelspalters, als ob die Queen im hohen Alter ein Baby erwartete.

Zum tristeren Jahresende hätte ein solcher filmreifer Skandal gutgetan. Man hoffte aber vergebens auf eine ausserordentliche Pressekonferenz von Ringier mit einem zerknirschten CEO, der seine Unschuld beteuerte. Die grossen Verlagshäuser haben sich kaum für die Enthüllung interessiert. Eisernes Schweigen. Nur Die Ostschweiz, Persoenlich.com und Kleinreport.ch haben etwas dazu berichtet.

Die Ansprüche an einen freiheitlichen Journalismus haben sich offenbar geändert. Der Wind hat gedreht.

Bleibt nur zu hoffen, dass die restlichen frei denkenden Journalisten der Blick-Gruppe sich den Marionettenvorwurf nicht gefallen lassen und intern eine Revolte anzetteln, oder dass der Stimmbürger die Konsequenz in der kommenden Abstimmung um die Medienförderung zieht.