Das Race Across America ist ein 5000 Kilometer langer Mythos von der Westküste der USA an die Ostküste – und eigentlich eine unmenschliche Strapaze. Davon lässt sich Isa Pulver nicht irritieren.

Die 52-jährige Bernerin gewann die diesjährige Austragung nach neun Tagen, zwölf Stunden und sechzehn Minuten. Mit ihrer Fabelzeit liess sie auch alle Männer hinter sich. Im Ziel sagte sie: «Es macht mich stolz, dass ich den Sieger der Männer in Empfang nehmen konnte und nicht umgekehrt.»

Aber wie ist dies möglich? Eine Frau schlägt die Männer – in einer der grössten Torturen der Sportwelt.

Gegenüber der NZZ am Sonntag liefert die Wissenschaftlerin Christina Spengler einen Erklärungsansatz: «Bei diesem Rennen gibt es so viele Faktoren, die mitentscheiden: Das geht von den Muskeln über den Kreislauf bis zum Stoffwechsel. Die Höhenakklimatisation spielt möglicherweise eine Rolle, die koordinativen Fähigkeiten im Halbschlaf, das Team, das einen unterstützt.»

Sie glaube, dass das Geschlecht weniger zentral sei, je länger eine Ausdauer-Herausforderung sei – «weil dann immer mehr Komponenten eine Rolle spielen», so Spengler. Wichtig sei vor allem die Fähigkeit, mit Schlafmangel auszukommen. Pulver schlief in neuneinhalb Tagen achtmal zwei bis drei Stunden am Stück – also alle 25 Stunden.

Die Bernerin ist auch in dieser Disziplin eine Weltmeisterin – ebenso wie im Management ihres Betreuerteams, in der Ernährung und in der Rennstrategie. Deshalb beherrscht sie die Gabe, ihre Grenzen zu verschieben, besser als alle anderen – auch als alle Männer.