Am vergangenen Mittwochabend taucht auf dem Instagram-Profil einer niederländischen Fotografin ein Bild des Bundestags-Abgeordneten Tessa Ganserer auf. Es zeigt Ganserer, der als trans-identifizierte Person über die Frauenquote der Grünen in den Bundestag einzog, in einem schwarzen Bustier und knappen Shorts in Lederoptik, die Haare sind zu einem geflochtenen Zopf gebunden. Mehrere Tattoos sind erkennbar, darunter ein roter Kussmund unterhalb der Schulter. Mit der linken Hand fasst sich Ganserer in die Hose, geradewegs in den Schritt. Der Blick ist dabei auf die Kamera gerichtet. Das Foto soll am Rande eines bekannten Fetisch-Festivals entstanden sein.

Das Bild macht in konservativen Kreisen schnell die Runde. Kurze Zeit später ist es vom Profil der Fotografin verschwunden. AfD-Politikerin Beatrix von Storch kommentiert am Donnerstag: «Er präsentiert sich gerne als Prostituierte. Dieser Mann ist eine Schande für den Deutschen Bundestag, Und dieser Mann heißt #Markus» (Anm.: Markus ist Tessa Ganserers eigentlicher Name).

Ansonsten bleibt es still. Kein Kommentar von irgendeinem Journalisten, einem anderen Politiker ausserhalb der AfD. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass Ganserer mit fragwürdigen Outfits und Fotos für Furore sorgt – und das teils auch während seiner Tätigkeit im Bundestag.

Wir erinnern uns: Als 2019 die CSU-Politikerin Dorothee Bär, damalige Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, beim Deutschen Computerspielpreis ein Kleid der bekannten Designerin Marina Hoermanseder trug, gab es grosse Diskussionen darüber, ob sich eine Frau in ihrem Amt so kleiden dürfe. Hoermanseder ist bekannt für gewagte Leder- und Schnallendesigns.

Selbst die Kanzlerin sorgte schon einmal für Gesprächsstoff, als sie 2008 zur Eröffnung der neuen Oper in Oslo reiste, weil sie es gewagt hatte, statt des üblichen hochgeschlossenen Hosenanzugs ein tief ausgeschnittenes Kleid zu tragen.

Wer sich als Politiker in seinem Amt in den Augen mancher Menschen nicht passend kleidet, bekommt Kommentare. Über den wird öffentlich in den Medien diskutiert. Dies gilt insbesondere für Frauen, an deren Optik besonders gerne herumgemäkelt wird.

Für Ganserer gelten als Transperson andere Regeln. Er ist von der öffentlichen Kritik ausgenommen. Jemand, der vor aller Augen seinen Fetisch auslebt, wird anders behandelt als eine Frau, die sich einfach nur einmal traut, zu einem bestimmten Anlass ein auffälligeres Design einer Modeschöpferin zu tragen. Mehr Patriarchat geht eigentlich nicht. Und doch sind es gerade die Linken, die hier beide Augen zudrücken.

Damit bestätigt man in diesen Kreisen, wenn auch ungewollt, genau das, was man sonst so vehement negiert: dass Ganserer keine Frau ist.