Kamala Harris hat mit ihrer Rede am Parteikonvent in Chicago den Wahlkampf offiziell lanciert. Gemäss ihren Worten ist es ein Kampf zwischen Licht und Dunkel.

Entweder, Amerika wählt Trump, einen «unseriösen» Menschen. Einen Tyrannenfreund. Einen Autokraten, dem es einzig und allein um sich selbst gehe. Dann werde die Demokratie abgeschafft, es werde Nacht in Amerika.

Oder Amerika schart sich hinter ihr, Kamala Harris, der volksnahen, engagierten Frau aus der Mittelschicht. Dann werde sich die Tür weit öffnen für einen «neuen Weg vorwärts». Sie, Harris, werde die Menschen zusammenbringen und Amerika wieder zum Leuchten bringen.

Um dieses manichäische Gebilde zu zimmern, hat Harris Fakten verzerrt, erfunden (zum Beispiel, dass Trump Putins Invasion in der Ukraine provoziert habe) und auf eklatante Weise ihre eigenen Verfehlungen ausgeblendet.

Gleich zu Beginn setzt sie den Ton ihrer Umschreibung der Geschichte: «Wenn ich an den Weg denke, den wir gemeinsam zurückgelegt haben, Joe, bin ich von Dankbarkeit erfüllt», sagte sie zu Präsident Biden. «Deine Bilanz ist aussergewöhnlich.»

Mit einem simplen Satz will sie ihr Volk und die Welt vergessen machen, welches Debakel dieser Mann und sie gemeinsam veranstaltet haben. Wie gebeutelt die Brieftaschen von Millionen Amerikanern sind, seit sie beide das Zepter übernommen haben. Wie viele illegale Migranten und tödliche Drogen unkontrolliert ins Land gedrungen sind.

Stattdessen installiert sie Donald Trump als diabolische Kraft. Spricht von «Chaos und die Katastrophe, als er im Amt war». Wirtschaftlicher Aufschwung, Sicherung der Grenze, Energieunabhängigkeit, Friedensabkommen in Nahost? Keine neuen Kriege auf der Welt? Ist das das «Chaos und die Katastrophe», von der Harris spricht?

Damit nicht genug: «Stellen Sie sich Donald Trump ohne Zügel vor. Wie er die immensen Befugnisse des Präsidenten der Vereinigten Staaten nutzen würde. Nicht, um euer Leben zu verbessern. Nicht, um unsere nationale Sicherheit zu stärken. Sondern um dem einzigen Kunden zu dienen, den er je hatte: ihm selbst.»

Das Gute an dieser Wahl: Die amerikanischen Wähler können direkt vergleichen: Vier Jahre Trump vs. dreieinhalb Jahre Harris.

Über ihre eigene Bilanz hat Harris in ihrer Rede wohlweislich nicht gesprochen. Kein Wort über die Energiekrise, ihre extremen linken Ansichten, ihre gescheiterte Wirtschaftspolitik, die Kriege und Brandherde, die auf der Welt ausgebrochen und aufgeflammt sind, seit sie an der Macht ist.

Stattdessen gibt sich als patriotische Soldatenmutter. «Und ich werde ihren Dienst und ihr Opfer immer ehren und niemals verunglimpfen», sagte Harris an die Adresse des US-Militärs.

Mit keinem Wort erwähnte sie die Soldaten, die bei der überstürzten Flucht aus Afghanistan getötet wurden. Kein Wort über die Militärausrüstung und Waffen im Wert von sieben Milliarden Dollar, die man den Taliban zurückliess, nachdem ihre Regierung einen komplett chaotischen Abzug angeordnet hatte.

Dafür war sie mitverantwortlich: Harris hat sich damit gebrüstet, dass sie die «letzte Person im Raum» mit Präsident Biden war, als dieser seine Pläne zum Truppenabzug bekräftigte, In einem Interview mit CNN sagte sie auf die Frage eines Reporters, ob sie sich mit der Art und Weise, wie der Abzug durchgeführt wurde, «wohl fühle»: «Das tue ich».

Das dreisteste Exempel der Verdunkelung: die Dutzenden Millionen Amerikaner, die am Existenzminimum darben oder darunter gefallen sind, seit sie mitregiert.

«Als Präsidentin werde ich Arbeiter und Angestellte, Kleinunternehmer und Unternehmer und amerikanische Unternehmen zusammenbringen», gelobt sie. «Um Arbeitsplätze zu schaffen. Unsere Wirtschaft wachsen zu lassen. Und die Kosten für alltägliche Bedürfnisse zu senken. Wie Gesundheitsversorgung. Wohnen. Und Lebensmittel.»

«Moment!», muss das Publikum an dieser Stelle gedacht haben. «Bist du nicht seit dreieinhalb Jahren im Amt? Hast du nicht gerade in diesen Themen kolossal versagt? Und jetzt sagst du uns: «Wählt mich, dann wird alles wunderbar?»

Gleich sackweise Sand hat Harris dem Wahlvolk in die Augen gestreut. Mal sehen, ob das reicht.