Am 9. August 1945 machte eine US-Atombombe Nagasaki dem Erdboden gleich. Mehrere Zehntausend Menschen starben. Drei Tage zuvor hatten die USA bereits Hiroshima nuklear zerstört.

Seither wird jährlich der Schrecken gedacht. Botschafter zahlreicher Länder kommen jeweils an diesem historischen Tag zusammen und legen Kränze zu Ehren der Opfer nieder.

Keine Priorität hat die Gedenkfeier für die offizielle Schweiz in diesem Jahr. Andreas Baum, Schweizer Botschafter in Japan, ist dieser heute ferngeblieben.

Der Schweizer Diplomat handelt im Gleichschritt mit Washington und weiteren westlichen Staaten. US-Botschafter Rahm Emanuel boykottierte die Veranstaltung, weil der Bürgermeister von Nagasaki den israelischen Botschafter nicht eingeladen hatte.

Angesichts des Krieges, den Israel gegen die Palästinenser führt, fürchtete der Bürgermeister Demonstrationen. Auch die Botschafter von Russland und Weissrussland sind nicht willkommen.

Hat sich Bern mit anderen westlichen Staaten abgestimmt? Kuschte die Schweiz vor Washington? Das Aussendepartement (EDA) dementiert. «Nein, das hat nichts damit zu tun», sagt EDA-Mediensprecher Valentin Clivaz gegenüber Le Temps.

Bern begründet die Entscheidung mit dem Tokio-Besuch von Viola Amherd. Die Bundespräsidentin hat sich diese Woche auf dem Inselstaat, zu dem die Schweiz seit 160 Jahren bilaterale Beziehungen unterhält, unter anderem mit dem japanischen Premierminister Fumio Kishida getroffen.

Botschafter Baum sei seit Wochen mit der Organisation der Reise beschäftigt gewesen, weshalb für ihn eine Teilnahme an der Gedenkfeier nicht möglich gewesen sei, so das EDA. Anstelle von Baum sei der Leiter der Finanzabteilung der Botschaft nach Nagasaki gereist.

Dass der US-Botschafter die Gedenkfeier boykottiert, ist schon schlimm genug. Noch schlimmer aber ist es, dass Bern dem Beispiel auch noch folgt.

Hat das Gedenken an die grössten Zerstörungen, die es in der Menschheitsgeschichte jemals gegeben hat, heute keine Priorität mehr für die Schweizer Regierung? Geben die USA – das einzige Land, das jemals Atombomben eingesetzt hat – den Takt an, folgt Bern brav.

Dies zumindest ist der Eindruck, der hier schnell einmal entstehen kann.